Nationalratswahl 1999
Freunde und Feinde der
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SOHO
LesBiSchwule
Arbeitsgemeinschaft in der Sozialdemokratie
Felix GÖRNER, vielen auch
bekannt aus der HOSI Wien, war unser Interviewpartner der SOHO, der
lesbischwulen Arbeitsgemeinschaft in der Sozialdemokratie:
Rainbow Life:
Wie ist eigentlich die Entstehungsgeschichte der SOHO, wie lange gibt es euch
schon?
Felix Görner: Die SOHO
entstand vor etwa fünf Jahren. Ihrer Gründung gingen mehrere Versuche voraus,
solch eine Gruppierung ins Leben zu rufen. Und zwar im wesentlichen ausgehend
von drei Personen und zwar dem HOSI-Gründer Wolfgang Förster, dem langjährigen
HOSI Generalsekretär und späteren Obmann Günter Schmutzer und mir. Da der
Zulauf leider sehr gering war, kam man von der Idee ab und jeder Beteiligte
engagierte sich individuell weiter.
Rainbow Life: Eigentlich
weiss man recht wenig von der SOHO, viele sind erst durch Euer Inserat im
“Pride Guide” auf Euch aufmerksam geworden. Aber es ist ja so, dass ihr
eigentlich nicht sehr populär seid.
Felix Görner: Die SOHO
ist zwar die älteste Gruppierung der schwul/lesbisch/transgender Bewegung in
einer politischen Partei und die zweitälteste in einer politischen Institution,
zwei Jahre älter ist die AHOG in der GPA, nur ist es eben so, dass sich die
neueren Gruppierungen innerhalb der kleineren Ampelparteien bis zu einem
gewissen Grad etwas leichter tun, da diese kleinen Parteien ein klarer
definiertes, damit aber auch ein abgegrenztes Zielpublikum haben, nämlich
aufgeklärtes, besser gebildetes, urbanes Publikum. Während die SPÖ eben, wie
Heinrich Keller es einmal genannt hat, eine “linke Volkspartei” ist, d.h.
dass einerseits die Dinge, die da bewegt werden, auch etwas bewegen und die
halten dann auch, nur es dauert. Es dauert aber auch in dieser Partei, bis eine
hinreichende Schar Menschen den Mut fasst, sich zu deklarieren.
Rainbow Life:
Es ist ja so, wenn man sich innerparteilich nach der SOHO erkundigt, dass man
selbst im Aktionsbüro der SPÖ oft auf Unwissenheit bzw. auf Überraschung stösst.
Worauf führst Du das zurück?
Felix Görner: Das führe
ich darauf zurück, dass wirkliche Öffentlichkeitsarbeit, die den Namen
verdient, erst im vorigen Jahr vorbereitet worden ist und erst heuer damit
begonnen wurde.
Rainbow Life:
Was seht Ihr als Eure zentrale Aufgabe innerhalb der Partei?
Felix Görner: Da ist
nicht nur eine Aufgabe, da sind mehrere. Die Aufgabe, Lobbying zu betreiben, wir
setzen in der mittleren und höheren Ebene an. Wir sehen auch die Aufgabe,
punktuell Teile breiter Aufklärungsarbeit zu leisten. Nicht breite Aufklärungsarbeit
an sich, das ist für so eine Gruppe nicht möglich, aber wir werden demnächst
z.B. im Rahmen der Wiener Bildungsorganisationen ein Seminar anbieten. Wir
kooperieren natürlich mit Jugendorganisationen, wo die Hemmschwelle wesentlich
geringer ist und wesentlich mehr Interesse und Teilnahme gezeigt wird. In der
Partei beginnt das Interesse in letzter Zeit mit grosser Geschwindigkeit zu
erwachen.
Rainbow Life:
Wie ist die innerparteiliche Reaktion auf Eure Bewegung?
Felix Görner: Die
Reaktionen, die wir bemerken, sind eigentlich durchgehend positiv. Eventuelle
negative Reaktionen bekommen wir nicht zu Gehör, die gibt es ganz selten und
sie werden uns dann meistens über Dritte zugetragen. Diejenigen, die nicht
wissen, wie sie damit umgehen sollen, dass es nun eine derartige Gruppe in der
Partei gibt, denen ist offensichtlich durchaus klar, dass wir auf dem Boden der
Grundsätze dieser Partei agieren und dass daher nicht grundsätzlich gegen uns
argumentiert werden kann.
Rainbow Life: Wenn
wir jetzt ein wenig auf den Wahlkampf Bezug nehmen. Welche Argumente können
mich als schwulen Mann davon überzeugen, mich bei der kommenden Wahl für die
SPÖ zu entscheiden?
Felix Görner: Was
die Ziele, eng gefasst im gesellschaftspolitischen Bereich angeht, gibt es von
den im Parlament vertretenen Parteien eindeutig zwei, die nicht in Frage kommen.
Darüber hinaus ist es eben so, dass man gewisse Dinge nur mit einer Mehrheit
durchsetzen kann. Und selbst jene, die, was legitim ist, sagen: mir sind die Grünen
lieber oder die Liberalen, wissen, es geht definitiv nichts ohne Mehrheit.
Rainbow Life:
Nun ist es aber so, dass bereits deutlich gemacht wurde, dass die ÖVP wieder
der erste Ansprechpartner für Koalitionsverhandlungen sein wird und es ja
bekannt ist, dass innerhalb dieser Partei eine wesentlich andere Weltanschauung
vorherrscht. Wie geht man jetzt damit um, dass mit einer Partei koaliert wird,
die uns mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Zugeständnisse machen wird? Liegt für
Dich ein gewisser Widerspruch in dieser Situation?
Felix Görner:
Es ist für mich kein Widerspruch was die eigene Partei angeht, was wäre
die denkbare Alternative? Eine Ampel-Koalition, die auch nicht ohne die SPÖ
geht. Für den Fall von Koalitionsverhandlungen, egal mit wem – haben wir die
Parteispitze jetzt festgelegt, dass wir unsere drei zentralen Forderungen –
eindeutig klare Regelungen gegen Diskriminierung, Gleichstellung von
Lebensgemeinschaften, die Beseitigung strafrechtlicher Diskriminierung – im
Kern Paragraph 209 –, dass dies auch in die Koalitionsverhandlungen
eingebunden wird. Was natürlich dabei herauskommt, kann niemand sagen.
Es
ist aber hochoffiziell bestätigt, dass diese Punkte ernsthaft in die
Verhandlungen eingebracht werden.
Rainbow Life:
Der heurige Wahlkampf ist ja wieder
einmal auf die Faktoren Familie und Kinder ausgerichtet – auch im Dunstkreis
der Kinderpornoaffäre. Wie passen schwule Thematiken in das Konzept des
Wahlkampfs? Und um weiter auszuholen, wird die SOHO im Wahlkampf aktiv werden?
Felix Görner: Wir
sind aktiv, soweit es unsere bisherigen Kapazitäten zulassen. Zum Thema, es
kommt nicht von ungefähr, dass Fr. Barbara Prammer in einer begonnenen Debatte
von sich aus definiert hat, dass das Ziel der SPÖ eine Gleichstellung von
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist. Worauf Herr Bartenstein ja
entsprechend reagiert hat und auch die Festlegung der Partei, mit unseren Zielen
in die Koalitionsverhandlungen zu gehen, ist ein Teil unserer Wahlkampfarbeit.
Wir verstehen uns nicht als Gruppe, die eine Partei nur um ihrer selbst willen
verkauft.
Rainbow Life: Wie
sieht es innerhalb der Partei aus? Gibt es bestimmte Auflagen oder gibt es
fallweise eine verordnete Anweisung zur Zurückhaltung? Inwieweit lässt man
euch freie Hand?
Felix Görner: Uns
lässt man freie Hand. Das einzige, was es an Zurückhaltung gibt, ist, dass
manche Unterstützung nicht in dem Ausmass kommt, wie man es sich in Wunschträumen
ausmalen würde. Aber unsere Forderungen werden hochoffiziell unterstützt und
auch in der Wahlplattform drinnen stehen.
Zu
unserem 5-Jahres-Fest am 14. September und unserer Konstituierung formell auf
Bundesebene, da wir uns seit 7. April als Verein auf Bundesebene konstituieren,
wird auch der Bundeskanzler anwesend sein, was wir als klares Zeichen der
Anerkennung werten.
Rainbow Life:
Der Presse konnte man entnehmen, dass auch Günter Tolar bei der SOHO eine
Funktion übernehmen wird.
Felix Görner:
Ja, das stimmt. Wir leiden eigentlich noch daran, wie jede Gruppierung in der
Bewegung, dass Aktivistinnen seltener anzutreffen sind als Aktivisten. Wir haben
zwar zwei engagierte Aktivistinnen, die allerdings jobmässig sehr engagiert
sind, deshalb werden wir vorerst drei Vorsitzende haben, die gleichzeitig auch,
was so amtlich klingt, Bundessprecher werden. Kurt Zernik aus der Steiermark, Günter
Tolar und ich. Von Günter Tolar gibt es eine sehr ansprechende Aussage
betreffend seiner Kandidatur, nämlich die, dass er die Früchte seines
Engagements noch erleben möchte.
Rainbow Life: Und
um eine “böse Frage” zu stellen? Wie viele deklarierte Schwule gibt es in
der Parteileitung der SPÖ?
Felix Görner (lächelt):
Meines Wissens keinen einzigen. Aber wie viele gibt es in anderen Grossparteien?
Rainbow Life:
Wenn wir jetzt wieder auf die parteiinterne Situation zurückkommen, wie sieht
es für den Schwulen in den einzelnen Sektionen aus? Gab es da schon Probleme?
Felix Görner: Wirklich
böse Reaktionen sind mir nicht bekannt. Sie sind sicher nicht auszuschliessen,
sind dann aber eher die Ausnahme. Ich habe selbst lernen müssen,
dass im allgemeinen, wenn es um mögliche Auswirkung auf die Karriere
geht, dann mag es mitunter heikel sein, aber ansonsten ist im persönlichen
Umfeld die Angst vor dem Deklarieren grösser als das tatsächliche Risiko. Und
was mir auch aufgefallen ist, dass im vergangenen Jahr z.B. Abgeordnete aus
Bundesländern, die mit dem Thema Homosexualität bzw. Transgenderfragen noch überhaupt
nicht befasst waren und natürlich keine Vorstellungen haben, im wesentlich
nicht ablehnend reagieren, sondern eher fragend. Die irritierendsten Fragen sind
vielmehr die, wie man es “den Leuten zuhause” erklären soll bzw. es
politisch argumentieren kann und nicht, ob es nun in Ordnung sei oder nicht.
Rainbow Life: Gibt
es eine bestimmte Sache, die die SOHO erreicht hat, über die Ihr Euch besonders
freut?
Felix Görner: Wir
freuen uns darüber, dass zur Zeit, zwei Leute zur SOHO dazugestossen bzw.
wieder aktiv geworden sind, dass gezieltes und geplantes Arbeiten und Konzepte
dazu geführt haben, dass uns die Partei mit offenen Armen empfangen hat und uns
die Partei einen Wagen für die Parade finanziert hat. Das ist von der Relation
her zu betrachten, dass die Partei ja an diese Initiative nicht von vornherein
als Vertretung einer Bevölkerungsgruppe einer bestimmten Grösse herangetreten
ist, sondern zunächst formell als eine Initiative wahrgenommen hat, die das geänderte
Parteistatut in Anspruch genommen hat. Das sind gewöhnlich kleine
Gruppierungen, die sich einem bestimmten politischen Thema, meistens auf
Bezirksebene, widmen. Und es meist nicht üblich ist, diesen Gruppen gleich ein
grösseres Budget zur Verfügung zu stellen. Gemessen daran ist die Unterstützung
eigentlich gar nicht so gering.
SOHO
LesBiSchwule Arbeitsgemeinschaft in der Sozialdemokratie
A-1060 Wien, Windmühlg. 26 (ega)
Tel (01) 585 66 66; Fax (01) 589 80-420
email: office@soho.or.at
web-site: http://www.soho.or.at
Treffen jeweils am 2.und 4. Mittwoch jedes Monats, 19.30 Uhr