Mit mir nicht!
Umgang mit der Polizei

Zum Thema des alltäglichen Umgangs mit PolizistInnen hatte das Rechtskomitee Lambda zu einer Podiumsdiskussion ins Restaurant Orlando eingeladen. Unter der Moderation von Harald Schilcher diskutierten Major Peter Pasecky von der zentralen Projektleitung des Kontaktbeamtenprojekts der Wiener Polizei, Dr.Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, Marco Smoliner, Polizeioffizier in Karenz und derzeit Gemeinderat des Liberalen Forums Wien, sowie Alfred Roland aus Oberösterreich, der als mehrfach betroffenes Gewaltopfer die unterschiedlichsten Erfahrungen im Umgang mit der Polizei gemacht hatte.

Aus zahlreichen, auch aus dem Publikum vorgetragenen Fallbeispielen war herauszuhören, daß das Zusammentreffen mit der Polizei oftmals zu Problemen führt und viele Lesben, Schwule und TransGender in ihrer Menschenwürde verletzt und massiv diskriminiert werden. Wenn sich die Betroffenen wehren und gegen diese Beamten Anzeige erstatten, kommt es nicht selten dazu, daß das Opfer plötzlich als vermeintlicher Täter dasteht.Das Verfahren gegen die Beamten wird in den meisten Fällen eingestellt (Beweisnotstand, Korpsgeist innerhalb der Polizei, gewerkschaftliche Unterstützung für beschuldigte Polizisten,...) und diese kontern dann mit einer Anzeige wegen Verleumdung.

Seitens der Verantwortlichen in den Polizeiapparaten wird dieses Problem oftmals negiert. Argumentiert wird mit dem Faktum: "Da es (fast) keine Verurteilungen von Polizisten gibt, kann es ja diesbezüglich auch kein Problem geben!" Diese Aussage ist jedoch eine Ungeheuerlichkeit gegenüber allen Opfern polizeilicher Gewalt und Diskriminierung.

Um eine Änderung des unhaltbaren Zustandes zu erreichen, müssen beide Seiten das ihre beitragen:
Nur die Polizei selbst kann Gewalt in den eigenen Reihen vermeiden. Die Ursachen für die Mißstände liegen im System (militärisch organisierte Einheit), im Arbeitsumfeld (viel PolizistInnen lernen die Szene immer nur in Konfliktsituationen kennen), in der Ausbildung, sowie in der Personalisierung des Problems (nicht "die Polizei", sondern "der Hr.Inspektor XY" hat das Problem). Aufgrund dieser Einstellung findet eine Prävention de facto nicht statt.

Auch die Polizei ist gefordert, wenn es um bessere Schulung, Änderung des Disziplinarrechts und - eine der Hauptanforderungen in diesem Zusammenhang - die Umkehrung der Beweislast in gegenständlichen Verfahren geht (nicht das Opfer muß beweisen, daß ihm durch die Polizei Übles widerfahren ist, sondern die Polizei ist verantwortlich dafür, daß Menschen, die sich in ihrer Verwahrung befinden, körperlich und geistig unversehrt bleiben - und sie hat notfalls dafür auch den Beweis anzutreten!).

Aber auch wir Lesben, Schwule und TransGender können dazu beitragen, das Verhältnis mit der Polizei zu verbessern. Dazu gehört unter anderem der Abbau von Vorurteilen, die es sicherlich auch von unserer Seite her gibt. Es wird aber nur dann einen Bewußtseinsänderung geben, wenn wir uns gegen Gewalt und Diskriminierung, die uns seitens der Polizei widerfahren, auch entsprechend zur Wehr setzen. In solchen Fällen steht dem Betroffenen innerhalb von 6 Wochen eine Beschwerde beim zuständigen Unabhängigen Verwaltungssenat offen. Es mag zwar in vielen Fällen so aussehen, als ob den beschuldigten Beamten überhaupt nichts passiert. Zustände, wie noch vor 20 Jahren, herrschen jedoch heute glücklicherweise nicht mehr: Die Betroffenen werden sehr wohl einvernommen und ihr Verhalten genauestens untersucht. Und je mehr Disziplinaranzeigen es gibt - möglicherweise immer wieder gegen dieselben Beamten - desto größer ist die Chance zu einer Verbesserung.

Daß Kooperation das Verhältnis verbessert, sieht man am Beispiel von Linz. Nach den häufigen Übergriffen einer türkischen Gang auf Schwule im vergangenen Jahr, führte die HOSI-Linz zahlreiche Gespräche mit der Polizei, deren Ergebnis die Installierung eines speziellen Kontaktbeamten war. Und auch das Kontaktbeamtenprojekt der Wiener Polizei ist sicherlich ein erster Schritt in diese Richtung.

Ziel muß es sein, nicht eine/n KontaktbeamtIn für Lesben, Schwule und TransGender zu schaffen, sondern eine/n lesbische, schwulen oder TransGender-KontaktbeamtIn einzusetzen!

Bleibt nur zu hoffen, daß dies nicht ein Wunsch ans Christkind ist...

anita-daniela krappel

  Quelle: