News 11 2000 - Teil 2

 

Für alle Interessierte(aus Die Standard):

16.11.2000
14:53 MEZ
Tasmanien erlaubt Crossdressing


Australische Männer können seit Mittwoch im Bundesstaat Tasmanien abends ohne Angst vor einer Festnahme Frauenkleidung tragen. Das Parlament des südlichen Inselstaates hob ein seit 1935 geltendes Gesetz als überholt auf, das Männern von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang das Tragen von Frauenkleidung (Crossdressing) untersagte.

Alles Liebe

Chris-Maria


Pressekonferenz:

Gleich viel Recht für gleich viel Liebe


Österreichs Lesben- und Schwulenorganisationen planen BürgerInneninitiative zur Absicherung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften

Gleichgeschlechtliche PartnerInnen dürfen vor dem Gesetz nicht mehr länger "Fremde" sein. Aus diesen Grund und angesichts der aktuellen Beschlüsse des deutschen Bundestages laden die österreichischen Homosexuelleninitiativen (HOSI Wien, HOSI Linz, HOSI Tirol, RosaLilaPantherInnen Graz, Rechtskomitee Lambda) zu einer gemeinsamen Pressekonferenz ein. 

Zeit: Freitag, 17. November 2000, 11.00
Ort: Cafe Landtmann, Löwelzimmer

Wir würden uns freuen, Sie bei dieser Pressekonferenz begrüssen zu dürfen.

Rückfragehinweis: 
RosaLila PantherInnen, Hans-Peter Weingand
0664 / 501 6398 bzw. 0316 / 876-1150
HOSI Wien, Kurt Krickler (01) 545 13 10 oder 0664-57 67 466


Seele umkrempeln witzlos 
Transsexuelle brauchen keine Zwangstherapie 

MT-Bericht 

GRAZ - Nicht wenige Patienten, die psychotherapeutische Hilfe brauchen, haben deswegen massive Probleme mit ihrer Kasse. Transsexuellen hingegen wirft man die Seelenbehandlung quasi hinterher, obwohl sie es weder wollen noch brauchen. Appell eines Fachmanns: Verschont die Leute endlich mit unsinnigen Therapieauflagen! 

Die "Standards zur Begutachtung Transsexueller" wollen es so: Sie geben die generelle Empfehlung, Umwandlungswillige erst mal für ein Jahr in Psychotherapie zu schicken. Die betroffenen Patienten bringen dafür wenig Verständnis auf, sie fühlen sich zu Unrecht psychiatrisiert, berichtete Kurt Seikowski, andrologische Abteilung, Hautklinik der Universität Leipzig, beim III. Internationalen Grazer Andrologie-Symposion. Worin begründet sich denn besagte Empfehlung, fragte sich der Psychotherapeut? Sind Transsexuelle psychisch auffälliger als der Rest der Welt? 

Zwei Drittel ohne Neurose 
In einer Untersuchung an 95 Männern, die sich als Frau fühlten, und 76 Frauen, die sich als Mann fühlten, gingen K. Seikowski und Kollegen der Sache auf den Grund. In umfangreichen Befragungen wurden sie auf psychosomatische Beschwerden, Verhaltensprobleme, Persönlichkeitsmerkmale und "neuroserelevante Einschränkungen im zwischenmenschlichen Bereich" abgeklopft. 

Nach Auswertung des Datenmaterials ließ sich der Neurotizismusgrad im Kollektiv klar in Zahlen ausdrücken. Knapp 63 % waren ohne Neurose, 13 % fraglich und knapp 25 % wahrscheinlich neurotisch. Eine weitere Analyse bei 124 der Studienteilnehmern zeigte ein Drittel relevante Werte für Merkmale wie Depressivität, Ungeselligkeit, Introvertiertheit und Konformitätsstreben, die übrigen 80 waren völlig okay. Vor diesem Hintergrund, resümierte der Referent, sollte man die generelle Empfehlung "ein Jahr Therapie" gründlich überdenken. Ganz abgesehen von der Frage, was eigentlich therapiert werden soll, verschlingt das blinde Befolgen einer solchen Maßnahme eine Menge Geld. 

"Und wo stehen eigentlich die Transsexuellen in puncto Therapie-Bedürftigkeit im Vergleich zur Normalbevölkerung?", erkundigte sich eine Kollegin aus dem Auditorium. Es gibt Daten, die besagen, dass in Deutschland rund 30 % der Bevölkerung psychotherapiebedürftig sind, so Kurt Seikowski. Daraus lässt sich einfach folgern: Transsexuelle sind psychisch so normal wie du und ich. 

CG 
MTD 45 / 2000 S. 31 

Quelle: Medical Tribune online


ARD: Enthüllung einer Ehe / Ein Film, sich einfühlsam an ein Tabu wagt

RÜCKSCHAU

Aus Roman wird Ramona

Seinen Schülern erklärt er, wie sich eine borstige Raupe in einen schönen, bunten Schmetterling verwandelt. Er selbst träumt von der Metamorphose vom Mann zur Frau. Daheim, im kleinstädtischen Einfamilienhaus, ahnen sie nichts davon. Roman alias Ramona (Dominique Horwitz) lebt ein Doppelleben. Er trifft sich in Selbsthilfegruppen mit Transsexuellen und liebt Jana (Nina Hoger), seine Angetraute, die den Körper hat, den er sich wünscht. Hier fühlt er die Geborgenheit, dort die Verzweiflung. Dann findet Jana den Lippenstift, die Frauenklamotten, das Café der Transsexuellengruppe. Sie hat ihn geheiratet, zwei Kinder von ihm bekommen, und fragt sich: War alles nur Lüge? Was soll aus ihr werden? Aus der Ehe, der Familie? Sie liebt ihn, keine Frage, und er liebt sie. Was wird es für ihn bedeuten, wenn er ihr kein Ehemann, seinen Kindern kein Vater mehr sein kann?

Wie geht es ihm dabei zuzusehen wie die alte, vermeintliche Idylle zerbricht? Was, wenn die Verwandlung stattgefunden, wenn es keinen Schritt zurück mehr gibt? Michael Verhoeven (Regie) hat sich an ein Tabuthema gewagt. Einfühlsam. Sachkundig. Sich Herantastend. Sogar mit einem kleinen bisschen Humor. Der Film, wiewohl nahe dran, ist nie Schnulze. Das Spiel der beiden Hauptdarsteller Mann/Frau und Frau gleitet nie ins Kitschige, was bei diesem Thema leicht hätte geschehen können. Ein Lob auch der Kamera: Wie die Bilder sich drehen, als Janas Weltbild ins Wanken gerät. Beobachtend, wenn die Distanz droht verlorenzugehen.

Was übrig bleibt, ist die Frage: Ist es wirklich das, wenn ein Mann sich in der falschen Hülle fühlt? Reagieren die Nachbarn so? Die Frau, die Freunde? Haben Kinder mehr Verständnis? Kapieren Kinder überhaupt, dass die Gesellschaft nicht versteht? Ob sie gelungen ist Verhoevens Erzählung oder nicht? Am Ende guckt Jana durch das Fenster in den OP, wo aus Roman Ramona wird. Die Metamorphose wird vollzogen. Und wenn der Schmetterling schließlich fliegt, ist auch die Welt nicht mehr borstig. Ist es so? Es braucht Zeit, bis ein Tabu keines mehr ist. 

Karin Baur 


Europa heiratet, Österreich sperrt ein

Oberlandesgericht Wien hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen anti-homosexuelles Sonderstrafgesetz

Im Fall des 20jährigen Jugendlichen, der im Juli durch das Landesgericht für Strafsachen Wien verurteilt worden ist, weil er als 19jähriger mit seinem damals nahezu 17jährigen Freund sexuelle Kontakte hatte, hat das Oberlandesgericht Wien heute Vormittag das erstinstanzliche Urteil bestätigt, das im Sommer einen österreichweiten Aufschrei der Empörung verursacht hatte.

Dem Antrag des Verurteilten, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des antihomosexuellen Sonderstrafgesetzes § 209 StGB zu beantragen, ist das Berufungsgericht nicht nachgekommen, obwohl der Jugendliche ausführlich dargelegt hat, dass das höhere Mindestalter von 18 Jahren für schwule Beziehungen im Gegensatz zu 14 für heterosexuelle und lesbische Kontakte seine Menschenrechte verletzt. Er hat darauf hingewiesen, dass zu Beginn des dritten Jahrtausends zu einer Zeit, zu der andere Staaten bereits die gleichgeschlechtliche Eheschließung ermöglichen, eine solch diskriminierende Strafbestimmung in der Rechtsordnung eines europäischen Staates keinen Platz mehr hat und dass deshalb Österreich seit Jahren sowohl von der Europäischen Union als auch dem Europarat und sogar der UNO aufgefordert wird, dieses menschenrechtswidrige Gesetz endlich aufzuheben. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat Diskriminierung auf Grund „sexueller Orientierung“ sogar wiederholt als eine der abscheulichsten Formen der Diskriminierung verurteilt. Die Berufungsrichter beeindruckte all dies nicht. Zu einer Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestünde kein Anlaß. Begründung für diese Entscheidung gaben sie keine.

Auch die über den jungen Mann verhängte (Geld)Strafe setzten sie nicht herab. Für die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe von einem Tag Freiheitsstrafe bzw. öS 60,-- Geldstrafe, worum der Jugendliche ersuchte, bestehe ebenfalls kein Grund.

„Es ist mir unverständlich, wie ein Gericht so überhaupt keine Bedenken gegen dieses massiv menschenrechtswidrige Strafgesetz haben kann“, zeigt sich Dr. Helmut Graupner, Sprecher der Plattform gegen § 209 und Verteidiger des Jugendlichen über das heutige Urteil enttäuscht. „Damit ist aber nun der Weg zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eröffnet, wo wir mit Sicherheit Recht erhalten werden“, zeigt sich Graupner zuversichtlich, „Dessen Urteil ist bindend und Österreich wird dann ohne Wenn und Aber das antihomosexuelle Sonderstrafgesetz endlich aufheben müssen“. „Bis dahin werden freilich noch zahllose unschuldige Menschen unter die Räder kommen, deren ‚Verbrechen’ allein darin besteht, geliebt zu haben“, schließt Graupner.

Derzeit befinden sich mehr als ein Dutzend Männer auf Grund des § 209 StGB in Österreichs Gefängnissen, samt und sonders Gewissensgefangene im Sinne des Mandats von amnesty international. Die Verurteilungen nach diesem Sonderstrafgesetz erreichten zuletzt den höchsten Stand der vorangegangenen 10 Jahre.

In der überkonfessionellen und überparteilichen Plattform gegen § 209 haben sich über 30 Organisationen zusammengeschlossen, um gegen das in § 209 StGB verankerte diskriminierende Sondermindestalter von 18 Jahren für homosexuelle Beziehungen zwischen Männern (im Gegensatz zu 14 für Heterosexuelle und Lesben) anzukämpfen. Der Plattform gehören neben nahezu allen Vereinigungen der Homosexuellenbewegung auch allgemeine Organisationen an, wie Aids-Hilfen, die Kinder- und Jugendanwaltschaften Tirol und Wien, die Österreichische Hochschülerschaft, die Bewährungshilfe, die Österreichische Gesellschaft für Sexualforschung u.v.a.m.

Rückfragehinweis: Plattform gegen § 209 (01/876 30 61)