Transsexueller mit Identitätsproblemen 
Einmal Frau und zurück 

BERLIN - Sexuell orientierungslos zwischen den Geschlechtern – die Odyssee des 56jährigen hätte glatt in das Kultmusical "Rocky Horror Picture Show" gepaßt. Die tragikomische Kasuistik des inzwischen wieder zum Manne zurückverwandelten Patienten wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, echte Transsexualität von Persönlichkeitsstörungen und Psychosen abzugrenzen. 

Der im Heim und bei Pflegeeltern aufgewachsene Peter verspürte erstmals mit etwa 13 Jahren transsexuelle Wünsche und unterhielt gleichgeschlechtliche Beziehungen zu Gleichaltrigen. Vier Jahre lang war er mit einem älteren Theologen liiert, dann verlegte er sich auf Frauen, heiratete und zeugte zwei Kinder. Nachdem die Ehe ebenfalls nur vier Jahre gehalten hatte, ging der enttäuschte Friseur auf den Strich. Die Beziehung zu einem jüngeren Jugoslawen, den er heiraten wollte, um dessen drohende Abschiebung zu verhindern, erweckte erneut transsexuelle Empfindungen. Peter nahm Hormone und ließ sich begutachten – wobei die Stellungnahmen der Sachverständigen auffällig kurz und wenig differenziert waren, schreibt der Arzt und Psychologe Professor Dr. Peter Diederichs, Berlin, in der Zeitschrift "Sexuologie". Trotzdem gelang es Peter, einen Operateur zu finden, und er heiratete erneut – diesmal als Frau. Aber auch diese Ehe, eine sadomasochistische Beziehung, verlief wenig glücklich, so daß Petra, wie der Patient jetzt hieß, sich wieder scheiden ließ. 

Weil sie sich trotz ihrer schlechten Erfahrungen nicht von ihrem Ex-Mann lösen konnte, heiratete sie ihn drei Jahre später erneut. Erst die Verurteilung wegen Wirtschaftskriminalität mit anschließender Gefängnisstrafe führte zu einer wirklichen Trennung und zu einem solchen seelischen Zusammenbruch, daß Petra die Geschlechtsumwandlung bereute, sich fortan wieder als Mann gab und nunmehr männliche Hormone schluckte. Eigentlich klar, daß er/sie im Frauengefängnis attackiert und diskriminiert wurde. Noch-Petra beantragte daraufhin die Rückverwandlung und lebt heute (als erwerbsunfähiger Mann) mit einer lesbischen Frau zusammen, die er im Frauengefängnis kennengelernt hatte. 

Für Prof. Diederichs ist Peters/Petras Karriere ein Lehrstück über die negativen Folgen einer falschen Indikationsstellung zur Geschlechtsumwandlung. Indem Transsexuelle oder solche, die sich dafür halten, mitunter recht fordernd auftreten, zwingen sie den Arzt zur Akzeptanz ihrer gewünschten Geschlechtsidentität. Peter/Petra litt zuvorderst unter einer Borderline-Störung und versuchte sich auf die Wünsche seiner/ihrer jeweiligen Partner einzustellen, schreibt Prof. Diederichs. 

Neben dem Rat des Psychoanalytikers, sich für jeden Transsexuellen ein Jahr Zeit zu nehmen, bevor die Umwandlung gutachterlich befürwortet wird, könnte man den Chirurgen empfehlen, zumindest nichts vom resezierten Material wegzuwerfen. Die besten Teile sollten gegebenenfalls auf Eis gelegt werden – schließlich weiß man nie, ob mann/frau sie noch einmal braucht. 

JS 
Quelle: P. Diederichs, Berlin; Sexuologie, 6. Jg., Heft 2 (1999), S. 99 - 105 
MTD 50 / 1999 S. 6