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Träumst Du noch oder lebst Du schon? |
Mein Name ist Maya Maga, 34 bzw. 0,75 Jahre jung. Ich bin Transgender („trans“ heißt jenseits, hinüber; „gender“ bezeichnet das soziale Geschlecht, also das durch gesellschaftliche Verhaltensmuster konstruierte Geschlecht). Transgender haben zeitweise das Bedürfnis ihre Geschlechtsrolle zu wechseln, also von Mann zu Frau oder von Frau zu Mann. Das hört sich für mich heute so selbstverständlich an, als wenn daran nichts Besonderes wäre. Aber noch vor einem Jahr war dies ganz anders. Erst nach langer Überlegung und Analyse meiner persönlichen Situation habe ich einen Leitsatz für mich gefunden: „Erkenne Dich selbst, werde Du selbst und habe Freude daran.“
Angefangen habe ich wie viele andere auch. Schon als kleiner Junge hat mich die Weiblichkeit fasziniert und ich bin heimlich in weibliche Kleidung geschlüpft. Bis zum Beginn meiner Partnerschaft in meinem zwanzigsten Lebensjahr habe ich dieses Bedürfnis mal mehr, mal weniger intensiv „im stillen Kämmerlein“ erfüllt. Da ich in meiner Beziehung kein Geheimnis von meiner Neigung machen wollte, habe ich mich meiner Partnerin gleich zu Beginn anvertraut. Ihre Reaktion hat mich schockiert: Ich wurde knallhart mit allen gesellschaftlichen Vorurteilen und ihren Ängsten konfrontiert. Ich habe mich pervers und schuldig gefühlt. Die vorwurfsvolle Frage, ob ich schwul sei, hat mich überrascht und verwirrt - ich finde Männer nicht erotisch. Ich fühlte mich von ihr quasi vor die Wahl gestellt: Entweder hört das auf und wir bleiben zusammen oder du ziehst dir Frauensachen an und suchst dir einen Mann. Da sie mich so nicht akzeptieren konnte, habe ich ihr zuliebe mit dem „Transen“ aufgehört, weil ich sie nicht verlieren wollte. Das „junge Pflänzchen der Liebe“ wollte ich deswegen nicht sterben lassen, daher habe ich mich gezwungen ein „normaler“ Mann zu sein. Nach dreizehnjähriger Unterdrückung hat sich meine "Anima" (nach C. G. Jung die weibliche Seite im Mann) zuerst schleichend, dann aber mit einem Donnerschlag zurückgemeldet. Doch diesmal wollte sie nicht mehr im Zimmerchen bleiben und sich verstecken, sondern endlich von mir respektiert werden. Das hat mich erst in eine schwere Krise gestürzt. Doch dabei habe ich mich als ganzen Menschen erkannt und angenommen - ich wollte und konnte mich nicht mehr verbiegen und Bereiche meines persönlichen Empfindens ausklammern. Das hatte ich lange genug getan und es hat mir viele Probleme bereitet. Seit ich mich erinnern kann, sind mir gesellschaftliche Zwänge und Regeln, insbesondere gesellschaftliche Rollenerwartungen immer wieder aufgestoßen. Ich konnte mit dem Klischee von Männlichkeit und Weiblichkeit nichts anfangen. Biologisch bin ich zwar männlich, mein Gefühlsleben und ästhetisches Empfinden enthält neben männlichen auch sehr viele (soweit man dem Klischee folgen würde) weibliche Anteile. Ich habe mich als Außenseiter zwischen den Geschlechtern und keinem zugehörig gefühlt – androgyn. Die Menschen neigen dazu, die Komplexität der Welt auf einfache Schemata zu reduzieren. So benutzten sie den offensichtlichen biologischen Unterschied als Basis für eine machtpolitisch fest zementierte Konstruktion sozialer Erwartungen an das Verhalten von Männern und Frauen: Aber das ist nur eine gesellschaftliche Konstruktion! Zwischen den Extrempolen Mann und Frau liegt eine breite Übergangszone. Wir sind alle Menschen und tragen beide Teile in unterschiedlicher Ausprägung in uns. Schon Plato -Heraklits Lehre zusammenfassend- merkte an, daß alles fließt, alles Leben sich im Wandel befindet. Stillstand ist tot, Leben ist Entwicklung, Veränderung. Aufgrund dieser Erkenntnisse habe ich mich auf die abenteuerlichste Reise meines Lebens begeben: Auf die Reise zu mir selbst. Ich mußte endlich raus ins volle Leben. Innerhalb eines halben Jahres habe ich mich intensiv mit mir und der Transgenderthematik auseinandergesetzt, um meiner Anima eine ihr entsprechende Ausdrucksform zu verleihen. Im September 2006 war es soweit: Maya - meine Anima - war geboren und ich war das erste Mal en femme draußen auf dem Schlampenfest - ein Wahnsinnserlebnis. Ich werde es nie vergessen, wie ich allein im letzten Licht des Tages durch die belebte Fußgängerzone zwischen all den vielen Menschen zur Location gestöckelt bin. Dieses Erlebnis hat eine Kettenreaktion ausgelöst. Ich bin seitdem bei jeder sich bietenden Gelegenheit en femme unterwegs – von der Party bis zu einfachem Stadtbummel. Dabei habe ich ein überwältigendes positives Feedback erfahren. Wie das alles weitergeht kann ich nicht sagen – ich spüre aber, daß ich langsam in die Strömung des Lebens gerate und ich es zulassen möchte, mich vom Leben treiben zu lassen. Ich kann Maya nicht mehr in eine Mülltüte stecken und wegwerfen. Sie ist ein Teil von mir - das habe ich erkannt und akzeptiert. Ich bin in meinem Umfeld noch nicht geoutet, es muß auch nicht jeder wissen. Derzeit lebe ich Maya noch heimlich aus. Dieses Versteckspiel ist aber gar nicht meine Art und belastet mich. Daher hoffe ich, daß die Menschen, welche mir wichtig sind, mich am "Tag der Wahrheit" dann so nehmen, wie ich bin. Ich träume nicht mehr, sondern bin und lebe meine Anima. Für mich ist das Transen eine Kunst, ein kreativer Prozeß, die gefühlte und nach außen drängende Anima in äußere Gestalt und Präsenz zu transformieren. Doch habe ich noch einen Traum: Daß wir Transgender gesellschaftlich voll anerkannt werden und Leidensgeschichten, wie sie viele von uns erlebt haben und noch erleben, der Vergangenheit angehören. Wir können dies nicht erzwingen oder die Gesellschaft von heute auf morgen ändern, da die Gesellschaft nur Spiegel und Wirkung des Verhaltens ihrer einzelnen Mitglieder ist. Was wir aber tun können, ist die Einstellung zu uns selbst und unser Verhalten zu ändern. Wie wollen wir je von anderen akzeptiert werden, wenn wir uns nicht selbst akzeptieren? Das heißt z. B. nicht mehr voller Scham nachts um den Block stöckeln, sondern selbstbewußt und schick bei Tag auftreten. Nur so können wir die Wahrnehmung ändern, welche die Gesellschaft von uns hat und somit die Ursache ihrer Vorurteile uns gegenüber. Draußen ist es gar nicht schlimm. Es bewegt sich was in unserer Gesellschaft - also Mädels, keine Angst, ihr könnt euch raus trauen. Der Pfad ist bereitet und wenn viele ihn beschreiten, wird daraus ein Weg, eine Gasse und irgendwann eine richtige Straße. Ich möchte euch alle dazu ermutigen – das Leben ist draußen und das ganze Leben ist eine Bühne: There is no time like show-time, there is no gender like transgender, there is no fun than having fun ... gender yourself !!! Maya ;-) P.S.: Die Bilder dazu sind im Juli-Photoalbum |
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