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noch´n Gedicht |
So, und hier kommt noch´n Gedicht.
Und zwar von Friedrich Rückert, hat nichts mit Liebe, Transgender oder Ähnlichem zu tun, ist aber trotzdem sehr lesenswert, auch wenn´s etwas länger ist. Parabel Es ging ein Mann im Syrerland, Führt´ ein Kamel am Halfterband. Das Tier mit grimmigen Gebärden Urplötzlich anfing, scheu zu werden, Und tat so ganz entsetzlich schnaufen, Der Führer vor ihm mußt´ entlaufen. Er lief und einen Brunnen d´sah Von ungefähr dem Wege da. Das Tier hört er im Rücken schnauben, Das mußt´ ihm die Besinnung rauben. Er in den Schacht des Brunnens kroch, Er stürzte nicht, er schwebte noch. Gewachsen war ein Brombeerstrauch Aus des geborstnen Brunnens Bauch; Daran der Mann sich fest tat klammern, Und seinen Zustand drauf bejammern. Er blickte in die Höh´, und sah Dort das Kamelhaupt furchtbar nah, Das ihn wollt oben fassen wieder. Dann blickt er in den Brunnen nieder; Da sah am Grund er einen Drachen Aufgähnen mit entsperrten Rachen, Der drunten ihn verschlingen wollte, Wenn er hinunterfallen sollte. So schwebend in der beiden Mitte Da sah der Arme noch das Dritte. Wo in die Mauerspalte ging Des Sträuchleins Wurzel, dran er hing, Da sah er still ein Mausepaar, Schwarz eine, weiß die andere war. Er sah die schwarze mit der weißen Abwechselnd an der Wurzel beißen. Sie nagten, zausten, gruben, wühlten, Die Erd´ ab von der Wurzel spülten; Und wie sie rieselnd niederran, Der Drach im Grund aufblickte dann, Zu sehn, wie bald mit seiner Bürde Der Strauch entwurzelt fallen würde. Der Mann in Angst und Furcht und Not, Umstellt, umlagert und umdroht, Im Stand des jammerhaften Schwebens, Sah er ein Zweiglein, welches nickte Vom Brombeerstrauch mit reifen Beeren; Da konnt´ er doch der Lust nicht wehren. Er sah nicht des Kameles Wut, Und nicht den Drachen in der Flut, Und nicht der Mäuse Tückespiel, Als ihm die Beer´ ins Auge fiel. Er ließ das Tier von oben rauschen, Und unter sich den Drachen lauschen, Und neben sich die Mäuse nagen, Griff nach den Beerlein mit Behagen, Sie däuchten ihm zu essen gut, Aß Beer auf Beerlein wohlgemut, Und durch die Süßigkeit im Essen War alle seine Furcht vergessen. Du fragst: Wer ist der töricht Mann, Der so die Furcht vergessen kann? So wiß, o Freund, der Mann bist du; Vernimm die Deutung auch dazu. Es ist der Drach im Brunnengrund Des Todes aufgesperrter Schlund; Und das Kamel, das oben droht, Es ist des Lebens Angst und Not. Du bist´s, der zwischen Tod und Leben Am grünen Strauch der Welt muß schweben. Die beiden, so die Wurzel nagen, Dich samt den Zweigen, die dich tragen, Zu liefern in des Todes Macht, Die Mäuse heißen Tag und Nacht. Es nagt vom Morgen bis zum Abend Die weiße, wurzelgrabend. Und zwischen diesem Graus und Wust Lockt dich der Beere Sinnenlust, Daß du Kamel die Lebensnot Daß du im Grund den Drachen Tod, Daß du die Mäuse Tag und Nacht Vergissest, und auf Nichts hast acht, Als daß du recht viel Beerlein haschest Aus Grabes Brunnenritzen naschest. |
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