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Comming Out und seine Tücken... |
Das schwierigste Problem, das alle Menschen mit besonderen Vorlieben teilen, ist die Frage nach dem Verständnis und der Erwartung von Unverständnis seitens der Umwelt, in der sie leben. Und mir geht das nicht anders. Wenn ich etwas wirklich will, dann ist es nicht genug, wenn ich selber weiss, was ich tue und was richtig und was falsch ist; dann will ich auch davon erzählen und zwar nicht nur anonymen Menschen im Internet, sondern auch den Menschen um mich herum, meinen Freunden...meiner Familie.
Gleichzeit habe ich aber Angst, auf Abneigung zu stoßen, auf Unverständnis und auf Arroganz derer, die sich für gerecht halten. Es liegt eben in der Natur des Menschen, sich selbst im Besitz der allein seligmachenden Wahrheit zu wähnen. Und wenn man das von sich glaubt, wird man schnell ungerecht gegenüber den Menschen, die dieser Wahrheit nicht entsprechen. Ich glaube, im Grunde will sich jeder Transgender vor den Menschen die ihm wichtig sind outen. In unser aller Köpfen ist die Vorstellung einer Welt, wo wir nicht Freaks oder Spinner sind oder gar gottlose Sünder, sondern ganz normale Menschen, die sich so leben können, wie sie wirklich sind. Diese Welt scheint utopisch weit weg und ihr verklärendes Ideal ist gleichermaßen der Antrieb unseres Wunsches nach Outing, wie Angst vor der Realität, wo doch alles ganz ganz anders ist. Letzten Endes ist Outing eine Frage von Mut, in gewisser Weise vielleicht auch eine Frage von Risikobereitschaft, denn immerhin können wir vielleicht abschätzen, wie die Menschen reagieren werden, denen wir uns offenbaren...letztlich wissen können wir es aber nicht. Für mich selbst war es ein harter Kampf ums Für und Wider, bis ich mich dazu entschloss, meinen drei besten Freunden von Doro zu erzählen. Ich entschied mich dafür, mich nicht langsam heranzutasten, sondern die Karten offen auf den Tisch zu legen. Ich gab ihnen - getrennt von einander - die Adresse dieses Profils und sagte "Schaut euch die Bilder an, lest die Texte und dann reden wir drüber." Noch während ich das tat, bekam ich wahnsinniges Herzklopfen und mein Magen fühlte sich sonderbar leer und flau an. Lange Minuten Schweigen. Dann kam von Manuel, meinem besten Freund auf der Welt, via ICQ: "Jetzt weiss ich´s. Keep on rockin´, Süße ;-)" und mit diesen Worten fiel mir ein Stein vom Herzen, der mich lange böse gedrückt hatte. Das schwerste war getan, dachte ich. Die anderen beiden sagten ähnliches. Es sind keine TVs, keine Fetischisten, nicht mal bisexuell oder sowas...und doch hatten sie Verständnis für mich und bestätigten dadurch meine Entscheidung, ihnen davon zu erzählen. "Es sind meine Freunde," hatte ich kurz zuvor gedacht, "wenn ich mit ihnen nicht darüber reden kann, mit wem sonst?" Ich kann mit ihnen darüber reden. Das weiss ich jetzt. Bog, ich bin ein glücklicher Mensch, solche Freunde zu haben. Aber so wundervoll wie diese Erfahrung war, so desolat hätte sie auch werden können. Was wäre geworden, hätte ich mich in ihnen getäuscht? Hätten sie mich geschnitten? Mich verstoßen? Dumme Witze über mich gemacht? Ich hätte Derartiges nie von ihnen erwartet und so ist es ja letztlich auch nicht gekommen, aber die Angst davor war doch da... Und genauso groß ist die Angst vor der Reaktion meiner Eltern, die nichts aber auch wirklich gar nichts von Doro wissen. Auch wenn das Risiko, dass sie durch irgendein Hintertürchen davon erfahren sehr klein ist, die Gefahr ist immer da. In meinem Zimmer lagern immerhin meine ganzen Sachen (Ausziehen kann ich erst im Frühjahr 2007) und meine Oma, die mit im Haus wohnt, kann manchmal sehr neugrierig sein. Dazu kommen die vielen Bilder im Internet, vor allem in diesem Profil, die so gut wie alle mein Gesicht zeigen. Bis ich ausziehe wird noch einige Zeit ins Land gehen und vorher will ich eigentlich nicht groß mit ihnen darüber reden, denn dann noch unter ihrem Dach zu wohnen und viel Zeit in ihrer unmittelbaren Nähe zu verbringen wäre mir einfach unerträglich. Nein, viel leichter wird es werden, wenn ich meine eigenen vier Wände habe...wenn ich mir Zeit nehmen und ihnen Zeit geben kann, sich vom ersten Schock zu erholen. Dass ich mit ihnen über Doro reden werde ist für mich klar. Nur wann und wie, das ist noch die große Frage. Ich glaube, ich werde das genauso machen wie bei Manuel, Chris und Tanja...ihnen die URL dieses Profils geben und sagen "Schaut euch die Bilder an, lest die Texte und dann reden wir drüber". Und dann reden wir drüber. So sie darüber reden wollen. Wenn nicht, lassen wir uns Zeit und reden später. Aber reden müssen wir. Das schwierigste, glaube ich und das bedrückendste wird das Unerständnis sein, für das sie nichts können, weil sie mit dem Thema Transidentität nie anders in Kontakt gekommen sind, als durch eine Folge 37° und selbst die wurde dem Thema an sich nicht gerecht, sondern handelte nur von zwei Transsexuellen auf dem Weg zur GAO, was nicht auf mich zutrifft, die ich "nur" eine TV bin und keine Ambitionen habe, eine Frau zu werden. Ein harter Brocken wird sein, sie davon zu überzeugen, dass sie immer noch einen Sohn haben und keine Tochter. Dass ich gerne ein Mann bin und immer ein Mann bleiben werde, dass sie mich nie als Mädchen sehen müssen, wenn sie nicht wollen und, dass ich immer noch genau der selbe Mensch bin, den sie gezeugt und großgezogen haben, den sie seit mehr als 22 Jahren kennen und lieben...und der sie genauso unendlich lieb hat... Ich werde sie davon überzeugen müssen, dass Doro keine Laune ist, sondern ein Teil meiner Persönlichkeit, dass ich eben nicht einfach versuchen kann, keine TV mehr zu sein, dass Doro keine Krankheit ist, die sich heilen lässt oder eine Geistesstörung, die man mir ausreden kann. Sie werden verstehen müssen, wie viel mir Doro bedeutet, wie wichtig sie ist und wie unendlich viel sie mir gibt. Sie werden lernen müssen, mit meiner Bisexualität fertig zu werden - sicher werden sie sowieso als erstes denken, ich sei schwul - und ich werde Mühe haben ihnen begreiflich zu machen, dass ich mich immer noch viel mehr nach einer Frau für´s Leben sehne, als nach einem Mann und ich werde sie an die 3 Jahre erinnern die ich brauchte, um über Jasmin hingwegzukommen, in die ich mich damals so wunderbar und furchtbar verliebte, damit sie verstehen, wie es in mir aussieht. Ich werde ihnen begreiflich machen müssen, wie schwer mir das Outing fällt und wie viel Angst, wieviel rasende Angst ich vor ihrer Reaktion habe. Mehr noch als 2004, als der Arzt zu mir sagte "Im einfachsten Fall ist es eine Endzündung, im schlimmsten Fall ist es Krebs", was der einzige Moment in meinem Leben war, wo mir wirklich so richtig die Muffe ging. Sie werden lernen müssen, mich zu akzeptieren wie ich bin und wie ich mich entwickle und entwickelt habe. Sie werden die 10 Jahre verstehen müssen, die Doros Entwicklung im Prinzip gedauert hat und das Schweigen, dass ich von mir aus nicht brechen konnte, weil die Angst zu groß war. Mein Papa wird verstehen lernen müssen, warum ich nie das Gefühl hatte, wirklich zu ihm kommen und über alles mit ihm reden zu können, obwohl er mir das so oft sagte... Meine Mama wird verstehen lernen müssen, wie unendlich weh sie mir mit jedem Mal tat, wenn sie sagte "Aber ich muss keine Angst um dich haben?" oder "Ich vertraue dir", weil das für mich nach der Bestätigung des Unverständnisses klang, dass sie mir zwangsläufig werden entgegenbringen müssen. Denn wie sollte es anders sein, wenn sie nie die Gelegenheit hatten zu lernen, dass es nichts schlimmes oder anstößiges ist, eine Transgender zu sein. Aus heiterem Himmel werden Blitze in die heile Welt in ihren Köpfen einschlagen; die heile Welt, die meinen Namen trägt. Denn wie sollte ich sie darauf vorbereiten? Wie ihre Sinne scharf machen und ihren Verstand bereit? Wie sollte ich langsam anfangen und mich steigern? "Es gibt da etwas, über das muss ich mit euch reden." so werde ich vermutlich beginnen. Stotternd und mit rotem Kopf. Ich bin kein Feigling. Aber zu viele Menschen die ich liebe haben mich schon enttäuscht. Sollten sie es auch tun...ich weiss nicht, was dann wäre. Dann werde ich ihnen alles Zeigen, die Karten offen auf den Tisch legen, wie bei meinen Freunden. Ich werde sagen: "Tabula rasa." und hoffen, dass nicht gleich ein Wort von ihnen kommt, so dass ich mich zurückziehen, vielleicht joggen gehen oder im Feld hinter unserer Straße ein bisschen Iaido üben kann, um selbst zur Ruhe zu kommen und mich innerlich zu wappnen für das sehr lange, äußerst intensive, tiefgreifende und kräftezehrende Gespräch, das unweigerlich folgen wird. Ich werde ihnen Rede und Antwort stehen müssen und mir dabei vorkommen wie ein Gefangener. Ich werde stehen, denn zum Sitzen fehlt mir der Mut. Ich werde stottern, denn die so sorgsam zurechtgelegten Sätze und geschickten Wendungen werden mir im Hals stecken bleiben. Es wird eine heiße Phase geben, vielleicht sogar Geschrei, im schlimmsten Falle ein Streit. Meine Mama wird vielleicht weinen, mein Papa mich verfluchen. Ich werde mich in die Tür stellen, um zu verhindern, dass er wutentbrannt aus dem Zimmer rennt und ihn eher niederschlagen als das zuzulassen. Ich werde das Gespräch erzwingen. Und wenn schon das nicht, dann wenigstens Anwesenheit, bis die Gemüter abgekühlt sind und wir wieder miteinander umgehen können. Dann wird sich zeigen, ob es richtig war, dass ich ihnen von Doro erzählt habe und damit zwangsläufig von meiner Bisexualität, von BDSM und von vielen vielen Treffen mit Freundinnen, der Party in Berlin und allem anderen, das ich vor ihnen geheim hielt. Es wird sich zeigen, ob ich meinem Mut zurecht vertraut, meinem Gefühl zurecht geglaubt und in Bezug auf meine Eltern auf die richtige Karte gesetzt oder einen Fehler gemacht habe. Ich glaube an das Gute im Menschen, ich glaube an die Macht des Wortes und daran, dass man über alles reden kann. Ich glaube daran, dass ein offenes Wort alle Probleme beseitigen kann und Gespräche über alles möglich sind. Ich glaube daran, dass sie es verstehen werden, irgendwann und wir uns auf Augenhöhe darüber unterhalten können. Es ist schwierig, sich zu outen, vor allem vor den eigenen Eltern. Aber wenn ich nicht mit ihnen darüber reden kann...mit wem sonst? |
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