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Transidenität, Transsexualität und Transvestismus |
Nach langem Hin und Her habe ich mich entschieden eine neue Idee zum weiten Thema der Geschlechtsidenitäts-Problemen zu verfassen.
Nach meinem jetzigen Kenntnisstand und aus meinen Beobachtungen heraus würde ich bei Menschen, die dauerhaft im entgegengesetzten Geschlecht zu ihrem biologischen Geschlecht leben, würde ich von zwei Formen ausgehen. Im Allgemeinen werden diese Menschen als Transsexuelle, oder alternativ als Transfrauen bzw. Transmänner bezeichnet. Die Bezeichnung ist aber leider ungenau, weil es unterschiedliche Ausprägungen gibt. Bei der klassischen Transsexualität liegt das Problem darin begründet, daß die Betroffenen sich ihrem biologischem Geschlecht nicht zugehörig fühlen, sondern dem anderen Geschlecht. Dies geht mit dem Wunsch einer kompletten Anpassung an das andere Geschlecht einher und der Ablehnung des eigenen biologischen Geschlechts. Der Wunsch nach Anpassung ist dabei allumfassend und geht weit über das hinaus, was medizinisch möglich ist. Die plastische Chirurgie mag zwar in der Lage sein, die äußeren Geschlechtsorgane dem biologischen Original nachzubilden und diese können in Punkto Funktionalität sogar einigermaßen gut sein, aber das sind wie gesagt plastische Maßnahmen, die nicht die biologischen Funktionen nachahmen können. Zeugungs- und Empfängnis-Fähigkeit kann die Medizin nicht liefern und bleiben damit ein unerreichbarer Wunsch. Wenn sich z.B. eine Transfrau ein Kind wünscht, dann ist ihr klar, daß sie es niemals austragen kann. Das sind halt die Grenzen an die wir alle gebunden sind, auch wenn einige Wünsche darüber hinausgehen. Eine andere, wichtige Frage ist die nach der Sexualität, unter Betroffenen gibt es eine Art Grundsatzdisskusion, ob es Unterschiede in der Sexualität bei Männer und Frauen gibt, woran man diese festmacht, wie man merkt, ob die eigene Sexualität eher männlich oder weiblich ist und woran man merkt, daß man im Empfinden von der einen in die andere gewechselt ist. Für Transsexuelle ist das natürlich eine wichtige Frage, wer als Mann oder Frau wahrgenommen werden will, in der Gesamtheit, will natürlich auch die entsprechende Sexualität. Ich rede hier freilich nicht von der sexuellen Ausrichtung, ob man Männer oder Frauen vorzieht, ist davon unabhängig. Im Grunde geht es mehr um das Selbstbild, ich bin ein Mann/eine Frau und meine Sexualität ist männlich/weiblich. Aber auch hier gibt es unerreichbare Wünsche, z.B. wenn eine Transfrau anfängt vom ultimativen, „weiblichen“ Orgasmus zu fantasieren. Wobei das Ganze unklar und defuse beschrieben ist, die meisten Betroffenen stellen sich nur etwas völlig anderes vor, als das, was sie jetzt mit ihren Geschlechtsorganen erleben. Teilweise ergeben sich auch Wettbewerbe und unpassende Vergleiche zwischen Betroffenen, die so abschätzen wollen wer „weiblicher“/“männlicher“ ist. Das hat sicherlich auch etwas mit einem gewissen Hang zum Perfektionismus zu tun, wer perfekt zum Wunschgeschlecht passen will, braucht natürlich auch die perfekte Sexualität dazu. Meiner Meinung nach ist dies das prägendste Kennzeichen bei klassischer Transsexualität, der Wunsch nach perfekter Anpassung an das Wunschgeschlecht und dabei ist es irrelevant ob der Wunsch erfüllbar ist oder nicht. Das führt natürlich zu einem ganz eigenen Leiden und Problemen, weil man einem Ideal nachjagt, was nie völlig erfühlt werden kann. Sämtliche Maßnahmen zur Angleichung an das Wunschgeschlecht sind oft nur Selbstzweck und können nicht wirklich begründet werden. Von der klassischen Transsexualität würde ich dann die Transidentität unterscheiden. Für Außenstehen dürfte eine Unterscheidung schwer sein, da die selben Muster und das selbe Verhalten auftritt. Auch hier wollen die Betroffenen als Angehörige des entgegengesetzten Geschlechts anerkannt werden und in dieser Geschlechterrolle leben. Es werden die selben Maßnahmen und die selben Behandlungen wie bei klassischer Transsexualität durchgeführt. Aber hier ist die (Geschlechts)Identität wichtiger als die Anpassung an eine Idealvorstellung. Der Wunsch ist auf die Akzeptanz als Mann/Frau ausgerichtet nicht auf die Anpassung. Wie gesagt, es werden die selben Maßnahmen durchgeführt und nicht wenige Betroffene sind genauso von der Perfektion besessen wie bei der klassischen Transsexualität, aber der springende Punkt ist eben, es geht nicht um die allumfassende Anpassung, sondern nur um eine maximale Anpassung an das Wunschgeschlecht. Wobei das Maximum dann erreicht ist, wenn die Betroffenen ohne größere Probleme von der Mehrheit ihrer Mitmenschen als Angehörige des Wunschgeschlechts akzeptiert werden. Alle Maßnahmen zur Anpassung sind in diesem Sinne auch immer Zielgerichtet. Man könnte auch davon reden, dass bei Transidentität eine Spur mehr Rationalität vorhanden ist. Es ist immerhin ein Unterschied, ob jemand sagt „Ich mache eine Hormontherapie, weil ich eine Frau bin und nunmal das Östrogen brauche.“ oder ob jemand sagt: „Ich mache eine Hormontherapie, weil ich mein Erscheinungsbild verweiblichen möchte und das Brustwachstum fördern will.“. Die zweite Aussage ist eindeutig zielgerichteter und nachvollziehbarer. Natürlich können sowohl klassische Transsexuelle und Transsexuelle mit transidenitäter Prägung solche Aussagen treffen. Wie gesagt die Unterscheidung ist schwer und kann nicht von einem Faktor abhängig gemacht werden. Aber meiner Meinung nach sind transidenitäte Menschen Alternativen gegenüber offener, weil sie keinem Ideal nacheifern, sondern einfach nur ein Ziel erreichen wollen. Und der Weg ist egal. Als ich z.B. mit meiner Therapeutin über Hormone und Brüste sprach, sagte sie: „Wenn es Ihnen nur um die Brüste geht, dann können Sie auch auf Implantate zurückgreifen.“ Nun, diesem Argument kann man schwer was entgegensetzen und wenn es mir wirklich nur darum gehen würde, würde ich diese Alternative wählen. Die meisten Betroffenen können mit ihrem Problem auch etwas unbefangener umgehen als andere. Ein notwendiges Outing in besonderen Situationen, wie es alle Transsexuellen sicherlich schon mal erlebt haben, erscheint weniger belastetend. Natürlich sind sowas unangenehme Situationen, aber man hat keine echten Bedenken offen zu sagen, daß man Transsexuell ist. Natürlich bezeichnet sich selbst als Transsexuell bzw. Transmann/Transfrau, weil dass der geläufige Begriff für Menschen ist, die dauerhaft ihr Geschlecht wechseln; Außenstehende würden den Unterschied eh nicht verstehen. Und die Bezeichnung ist in dem Sinne ja auch korrekt, ich bin z.B. eine Frau, vielleicht nur eine Transfrau (im Vergleich zu einer CIS-Frau), aber trotzdem bestehe ich darauf zu den Frauen gerechnet zu werden. Ich selbst fühle mich in keinster Weise den Männern zugehörig und an dem Gefühl kann ich nichts ändern. Solange ich als Frau akzeptiert werde ist alles in Ordnung und die notwendigen Anpassungen dafür sind in Arbeit und wenn die fertig sind, bin ich zu frieden. Das dürfte auch einer der wichtigen Punkte zur Unterscheidung sein, bei Transidenität kann man irgendwann sagen, daß man fertig ist, weil die Anpassung soweit abgeschlossen ist, daß man als Mann/Frau leben kann. Bei mir ist das leider noch nicht so weit, weil doch die passenden Dokumente fehlen, damit vor dem Gesetz als Frau gelte und ich körperlich noch ein paar weibliche Merkmale brauche. Ich lebe zwar schon im Wunschgeschlecht und habe wenig Probleme so akzeptiert zu werden, aber das Ganze ist halt eine Übergangslösung. Des weiteren denke ich, daß bei Transidenität der Wunsch nach einer geschlechtsangleichenden OP geringer ist. Viele wiegen die Vorteile und die Nachteile ab und kommen zu dem Schluß, daß der Aufwand zu groß ist. Die Frage dabei ist nicht, ob man mit den eigenen Genitalien zufrieden ist oder nicht, sondern ob man damit leben kann oder ob sie irgendwelche negativen Emotionen auslösen. Solange man da eher emotionslos ist und die eigenen Genitalien beim Sex kein Hindernis sind, steht man einer OP eher skeptisch gegenüber. Wie gesagt bei Transidentität geht es um die Identität, nicht um Sex oder Geschlechtsteile. Man muß sich als Betroffene immer selbst fragen, in wie weit beeinflußt das meine Identität? Bringt mich die OP in meiner gewünschten Identität weiter, oder ist es ohne Einfluß? Und wie passen da jetzt die ganzen Transvestiten rein? Schwer, würde ich mal sagen. Transvestiten haben weder den Wunsch nach allumfassender Anpassung an das Wunschgeschlecht, noch haben sie den Wunsch dauerhaft als Mitglied des Wunschgeschlechts anerkannt zu werden. Damit fallen beide Kriterien weg, die für diese beiden Formen der Geschlechtsidentitätsstörung kennzeichnend sind. Transvestiten leiden viel eher unter der Kleingeistigkeit ihrer Mitmenschen und dem Mangel an Akzeptanz ihres Verhaltens. Welche Motive Transvestiten auch immer haben zeitweilig als Frau aufzutreten, die Wünsche der Transsexuellen, egal welcher Prägung, teilen sie jedenfalls nicht. Für viele ist das einfach eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit oder auch ein Urlaub vom eigenen Ich. Man(n) läßt den Alltag hinter sich, schlüpft in schöne Kleider und tut schöne Dinge. Mal ehrlich, wann werden denn die meisten Transvestiten zur Frau? Am Wochenende oder im Urlaub, also weitab vom Alltag und was wird dann gemacht? Gefeiert, Shoppen gehen, Essen gehen, Feste werden besucht, usw., usw. Ich sage es mal etwas provokant, daß ist mehr eine Traumwelt, als das reale Leben, oder nicht? Ich kenne jedenfalls viele Geschichten von Transvestiten, die ihren Alltag soweit es geht von ihrem „Frau sein“ (oder meinen sie eher glücklich sein?) fernhalten wollen und sehr enttäuscht sind, wenn der Alltag oder negative Ereignisse in ihren Traum einbrechen. Wie oft habe ich Sätze gehört wie: „Meine Frau hat mir den ganzen Spaß am En Femme rausgehen verdorben, weil sie das und das gemacht hat…“, Traum und Alltag kollidieren da irgendwie. Ich meine man muß das mal andersrum aufziehen, bei uns Transsexuellen fragt auch niemand, ob unser Alltag so ist, wie wir es uns erträumt haben. Ob wir uns gut oder schlecht fühlen, ob wir gute oder schlechte Laune haben, ob wir krank sind oder gesund, wir sind immer in der sozialen Rolle, in der wir gesehen werden wollen. Meinen Beobachtungen nach ist es für Transvestiten etwas Besonders in die weibliche Rolle zu schlüpfen, es ist etwas anders als der Alltag, bei Transsexuellen ist es genau andersrum, für Transsexuelle ist es der Alltag. Und um es mal zu verdeutlichen, nach meiner Erfahrung, macht es in 2/3 aller Alltagssituationen keinen Unterschied, ob ich Mann oder Frau bin. Die Unterschiede sind so gering, man muß sich so oder so behaupten. Einen Diven-Bonus, den Transvestiten Frauen (egal ob Trans- oder CIS Frauen) gerne mal andichten gibt es so nicht. Ich würde die Sache so sehen, die Probleme von Transvestiten sind hauptsächlich sozialer und gesellschaftlicher Natur, die meisten Menschen haben doch arge Probleme damit, wenn jemand zeitweilig als Mitglied des anderen Geschlechts auftritt. Ich denke mal da spielt auch nach wie vor eine Portion Homophobie mit. Viele Menschen werden sich denken, warum sollte ein Mann, außerhalb von Fasching oder Karneval, sich sonst als Frau verkleiden, wenn er nicht versucht so andere Männer zu verführen. Ja, ich definiere Transvestiten als Männer, weil die Mehrheit der Transvestiten in ihrem Inneren nun mal männlich ist. Sicherlich gibt es Grenzfälle, bei denen man auch ein anderes Leiden vermuten könnte, aber die sind selten. Die Mehrheit definiert sich klar als Mann, einige geben sich vielleicht Transformationsfantasien hin, aber das gehört wieder in den Bereich der Traumwelten. Zu sagen „Ich könnte ja auch genauso gut als Transsexuelle leben, aber das geht nicht, weil ich habe ja Familie, eine Karriere, usw., das kann ich nicht alles aufgeben“ ist nichts weiter als ein Tagtraum. Man muss das nun mal klar abgrenzen, entweder liegt ein Identitätsproblem vor oder nicht, bei Transidentität oder Transsexualität macht dieses Problem es einen einfach unmöglich das alte Leben weiter zu führen. Wir Transfrauen bzw. Transmänner haben Probleme mit uns selbst und unserem eigenen Ich, wir wollen nicht irgendwelche Träume ausleben, sondern wir wollen so leben, dass wir mit uns selbst irgendwie klar kommen. Ich selbst musste viel aufgeben und viele Kompromisse eingehen, um jetzt halbwegs so zu leben, dass ich mit mir und meiner Rolle klar komme und das ist bestimmt nicht so, wie ich es mir erträumt habe. Aber trotzdem komme ich jetzt besser mit mir zu Recht als früher und das war es was ich erreichen wollte. Es ist doch so, dass bei Transidentität und Transsexualität Probleme mit dem eigenen Ich vorliegen, ob man dieses Leiden nun wirklich als Persönlichkeitsstörung klassifizieren sollte sei mal dahin gestellt, aber es ist ein psychisches Problem. Ich war auch nicht gerade erbaut als ich diese Diagnose in meiner Krankenakte gelesen habe, aber Fakt ist nach unserem Gesundheitssystem braucht es einer Diagnose für eine Therapie und andere Maßnahmen. Außerdem sollte man mit sich selbst so ehrlich sein und selbstkritisch, dass man sich selbst eingestehen kann, dass man sich manchmal anders benimmt wie andere Menschen. Sicherlich gibt es Forderungen nach einer Verbesserung der medizinischen Versorgung von Transsexuellen, aber dafür gibt es im keine politische Mehrheit und davon hängt eine Reform des Gesundheitssystems ab. Und ich bin ehrlich, ich will eine therapeutische Betreuung, weil es mir besser geht seit ich in Therapie bin, auf welcher Grundlage mir die Hilfe geboten wird, ist mir eigentlich egal. Auch bietet mir das die Grundlage für weitere Maßnahmen, die mir helfen. Die Alternative dazu wäre, dass alles selber zu bezahlen, aber wer kann es sich schon leisten einen 5 oder 6-stelligen Betrag zu bezahlen, um alles das zu bekommen, was einem hilft in der der sozialen Rolle zu leben, in der man sich richtig fühlt. Also fasse ich nochmal zusammen, die Probleme von Transvestiten liegen meistens bei ihren Mitmenschen und wie diese mit ihnen umgehen, die Probleme von Transsexuellen, beider Prägungen, liegen in ihrer Persönlichkeit bzw. im eigenen Selbstbild. So zu sagen einmal Außen und einmal Innen. Das beides zu vergleichen halte ich für sehr schwer, weil diese unterschiedlichen Probleme zu völlig unterschiedlichen Wünschen führen. Transvestiten wünschen sich in erster Linie Akzeptanz ihrer Bedürfnisse und ihres Verhalten, Transsexuelle wünschen sich in erster Linie eine Anpassung an das Geschlecht, dem sie sich zugehörig fühlen. In wie weit diese Bedürfnisse miteinander harmonieren muss man immer abwägen. Sicherlich gibt es Schnittmengen, aber von gemeinsamen Zielen zu sprechen halte ich für übertrieben. Einige dieser Ziele sind Grunde auch unvereinbar, z.B. manifestiert sich der Wunsch nach Akzeptanz in der Forderung nach einer kompletten Depathologisierung aller Probleme mit der Geschlechtsidentität. Aber ohne einen medizinischen Befund können Transsexuelle nicht mehr die Behandlungen erhalten, die sie brauchen, um sich ihre Wünsche zu erfüllen. Außer sie bezahlen dann alles aus eigener Tasche. Auf der anderen Seite steht der Wunsch nach Anpassung, der sich in einer Verbesserung der medizinischen Versorgung von Transsexuellen äußert. Diese beiden Forderungen sind im Grunde unvereinbar, außer natürlich man krempelt das komplette Gesundheitssystem um. Das aber erfordert eine völlig neue Gesundheitspolitik von staatlicher Seite. Zum jetzigen Zeitpunkt kann nur die eine oder die andere Forderung erfüllt werden, beide zusammen geht nicht. Und hier an und an anderen Fragen scheiden sich letztlich die Geister. Deswegen sehe ich den einzigen Ausweg in einer klaren Unterscheidung der einzelnen Probleme, damit man auf Grundlage der Unterscheidung sagen kann das Problem muss im medizinischen Kontext behandelt werden und das Problem eben nicht. Ein lapidares „Ach, irgendwie alles das Gleiche… alles gleich schlimm.“ wird keinem der Probleme gerecht und kompliziert die Situation der Betroffenen nur unnötig. |
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