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wohin_kann_ich_als_transe_gehen

Karin aus München hat mich mit ihren Ansichten über das Verhalten von Transgenderpersonen in der Bevölkerung sehr beeinflusst. Und ich bin immer noch der Meinung, dass diese so richtig sind. Eine durch eigene Erfahrung ergänzte Abfassung gebe ich hiermit wieder und hoffe, dass sie anderen in ihrer Entwicklung weiter hilft.

Als Transe zu leben bedeutet heute für die meisten von uns ein Leben im Verborgenen. Die Allermeisten begnügen sich damit, zu Hause im stillen Kämmerlein ab und zu mal auszuprobieren, wie sie en femme aussehen. Wenn dann die Gelegenheit günstig ist und die Ehefrau, Freundin oder die Eltern für ein paar Tage verreist sind, dann stylt man sich auch mal tageweise, nicht ohne sich irgendwann zu fragen, wozu man eigentlich den ganzen Aufwand mit Klamotten und Make-up treibt, wenn einen sowieso keiner sieht. In den Zeiten digitaler Kameras und des Internets hat diese Frage eine einfache aber nur vorläufige Antwort: Fotosessions für die eigene Webseite, für die man natürlich, weil die Konkurrenz groß ist, besonders süß aussehen muss, Ein schier endloses Betätigungsfeld!
Einigen von uns, aber bei weitem nicht allen, wird diese Beschäftigung bald zu langweilig. Nach der ersten Fotosession verlieren sie den nötigen Ernst und nach der zweiten die Lust. Das Ganze wird dadurch noch schlimmer, dass man, nachdem man die erste Serie wirklich süßer Fotos im Internet hat, laufend Mails der Form kriegt „Du siehst wirklich nett aus, ich wohne auch in X, wollen wir uns mal treffen?“. Die Versuchung wird groß, die hübsche Frau mal auszuführen. In dieser Phase schreibt man dann in diversen Newsgruppen verzweifelte Poosts der Form „Hallo, ich wohne in X, wo kann man den da en femme ausgehen“. Antworten sind dann im Spektrum von „Vergiss es, Baby!(Straubing) bis „In Carolas Transentreff treffen wir uns jeden Samstag, komm doch mal vorbei!“
Meine Antwort ist in dem Fall: „Überall hin“. Beinahe zumindest. Auf den Jahreskongress der „Vereinigten Skinheads und Neonazis“ wäre ein Auftritt en femme nur etwas für eingefleischte Gefahrensucher. Aber ich greife jetzt zu weit vor.
Beim Thema „Ausgang en femme“ sollte man sich als erstes überlegen, was man eigentlich will. Ich meine nicht, was die Ehefrau, die Eltern, die Kollegen oder die Jungs vom Schützenverein zulassen würden, sondern was man selbst im Inneren wirklich möchte. Vielleicht möchte man ja am liebsten sein ultrageiles Lack- und Lederoutfit ausführen und findest es stinklangweilig mal en femme in die Stammkneipe oder ins Kino zu gehen. Das einzige was Frau dann noch braucht, ist eine Liste von geeigneten Lokalen und Möglichkeiten sich umzuziehen. Ich selbst wäre damit nicht zufrieden, deswegen kann ich dazu auch nicht viel mehr schreiben. Mein Ziel war es immer, überall dahin als Frau zu gehen, wohin ich als Mann gehen würde. Damit wird alles etwas komplizierter und man muss sich eine Menge mehr Gedanken machen.
Überall hin en femme? - 5 Fragen !
Wir leben in einer Gesellschaft in der äußere Erscheinungen, Verhalten und Geschlechterrolle eng zusammenhängen. Aus der einem biologisch zufallenden Rolle zu fallen führt vor allem für biologische Männer zu einer starken sozialen Brandmarkung.
Die erste Frage, die man sich selbst stellen sollte ist, ob man mit der eigenen Persönlichkeit so sehr im Reinen ist und soviel Selbstbewusstsein hat, dass man zu sich selbst stehen kann. Es ist unvermeidbar, dass man früher oder später in der Öffentlichkeit einen Bekannten oder Kollegen trifft oder man angefeindet oder verlacht wird. Kann man in so einer Situation bestehen? Wenn nein, dann sollte man, vorerst noch zu Hause bleiben. Aber man sollte ein Ziel vor Augen haben. Die Frage nach dem Selbstbewusstsein ist nicht hypothetisch und man braucht es nicht so sehr um kritische Situationen zu meistern. Man braucht es vor allem um in der Öffentlichkeit die nötige Sicherheit und Lockerheit auszustrahlen. Wenn man selbst im Innersten nicht überzeugt ist, dass das was man tut völlig in Ordnung ist, dann werden es andere auch nicht sein und es einem merken lassen. Diese Erfahrung habe ich gemacht, als ich die die ersten paar Mal weg war. Mein Make-up war sicher ein ganzes Stück besser, als es heute normalerweise ist und meine Klamotten oft viel sorgfältiger ausgewählt. Trotzdem bin ich viel öfter angegafft worden, weil ich viel zu verkrampft aufgetreten bin.
Die zweite Frage betrifft die eigenen körperlichen Voraussetzungen. Wie sehe ich aus? Dazu eine kleine Übung: Stellt euch nackt vor den Spiegel, mustert euch von oben bis unten. Nur keine Scham! Ein selbstkritisches Verhältnis zur eigenen Körperlichkeit und den vorhandenen Unzulänglichkeiten gehört dazu. Und wenn ihr schon nackt vor dem Spiegel steht, dann nehmt gleich das Maßband und den Quelle-Katalog zur Hand und stellt eure Damengröße fest. Und immer daran denken: wenn mehrere Maße zu einer Größe führen, dann entscheidet immer die größte über die Konfektionsgröße. Oder extremer ausgedrückt: In einem zu engen Rock sieht man nicht aus, wie eine elegante, schlanke Frau, sondern wie ein fetter, geschmackloser Mann. Wahrscheinlich wird eure Größe für Blusen eine oder zwei Nummern größer sein als die Rockgröße, weil biologische Männer halt nun mal breitere Schultern haben. Wahrscheinlich sind euere Beine kürzer als die einer Biofrau gleicher Größe. Das ist kein Grund zum Frust, auch die meisten Biofrauen sehen nicht aus wie Claudia Schiffer. Die meisten ziehe sich allerdings auch klugerweise nicht so an, was man leider nicht von allen Transen sagen kann.
Womit wir bei der dritten Frage sind, nämlich was eine Biofrau tragen würde, wenn sie so aussehen würde, wie wir. Ein knalliges Etuikleid ist etwas Schönes, aber über einen Bierbauch verliert es entschieden an Wirkung. Schulterfreie Tops sind im Sommer herrlich, vorausgesetzt man hat sehenswerte Schultern,. Wenn nicht, dann verzichtet man besser. Wenn man nicht verzichten will, weil nun einmal das enge Paillettenkleid mit dem Schlitz bis zum Bauchnabel das Ein und Alles ist ,und man dazu noch unbedingt Heels mit 15 cm Absatz in Größe 45 braucht, dann sollte man sich halt nur überlegen, welche Reaktionen eine Biofrau mit so einem auftritt erzielen würde. Wenn man diese Wirkung in Kauf nimmt, oder gar anstrebt, dann kann ich nur sagen: „Mach es und hab deinen Spaß!“. Aber weine mir nicht die Ohren voll, wenn dann die gesammelte freiwillige Feuerwehr in Hintertupfingen über dein Auftreten grölend Witze gemacht hat. Überhaupt sollte man dann aber das Wort „Tunte“ als Ehrentitel verstehen. Aber ich schweife schon wieder ab. Zurück zu den ernsten Fragen des Lebens. Der häufigste Fehler ist das „Overdressing“. Zu hohe Schuhe, zuviel Make up und zu kurze Röcke sind oft das Markenzeichen von Transen. Im günstigsten Fall hat man eine Biofrau zur Seite, die einem bei der Frage nach dem richtigen Outfit beraten kann. Ansonsten hilft es sehr, bewusst andere Frauen zu beobachten. Für unsere Proportionen ist Kleidung ideal, die um die Schultern locker fällt. Schultepolster sollten wir in der Regel meiden, sie sind oft leicht aus Blusen und Jacken herauszutrennen. Lange Röcke wirken feminin und man sieht die Männer-O-Beine nicht. Absätze schaden nicht, vorausgesetzt man kann darauf laufen. Ich ziehe mich en femme viele konservativer an, als als Mann, weil ich bei klassischer Damenmode ein besseres Gefühl dafür habe, wie ich was kombinieren kann. Außerdem sieht man nach meiner Einschätzung eindeutiger nach Frau aus, wenn man sich etwas konservativer anzieht. Der Einkauf im Kaufhaus oder einer Boutique ist in jedem Fall dem Versandhandel vorzuziehen. In der Regel ist man immer gut beraten und das Gekaufte passt letztendlich auch zum Typ. Zum Thema Outfit gehört ganz besonders auch die Frage nach den Haaren. Nachdem die wenigsten Männer eigene Haare wie Gina Lolobrigida haben, ist die Haarfrage leider meistens eine Perückefrage. Turmhohe Locken tragen heute, außer Transvestiten und Drag Queens, nur noch wenige Menschen. Ein sorgfältiger Blick auf die Haarmode und vor allem eine gute individuelle Beratung ist ein Muss. Schließlich ist eine gute Perücke das teuerste Einzelstück das man besitzt. Eine gute Kunsthaarperücke koste im Fachhandel, je nach Haarlänge 150 bis 400 Euro. Im Versand- und Internethandel kriegt man entsprechende Ware oft deutlich billiger. Allerdings sollte man daran denken, dass nicht alles was einem spontan gefällt tatsächlich auch zu Gesichte steht. Gerade hier ist eine umfassende Beratung von großer Wichtigkeit. Billige Perücken sollte man grundsätzlich meiden, denn die Qualitätsunterschiede sind deutlich zu sehen.
Die nächste Frage lautet: Wo will ich hin? Gerade sitze ich mal wieder beim Italiener im Europark Salzburg. Um mich herum sitzen jede Menge Frauen und Männer. Sicher hätte ich mit einem schwarzen kurzen Lederrock, hohen Lackstiefeln und ultralangen Ohrgehängen den Auftritt meines Lebens haben können und damit einige Menschen aus ihrem tristen Alltagsleben aufgeheitert. Aber ich wollte ja nur einen ruhigen Einkaufsbummel machen und mich jetzt ein wenig stärken. Also verzichte ich auf den Auftritt. Ich wähle einen weißen Rock, Sandaletten mit leichten Absätzen, eine grün-schwarze leichte Bluse, eine Perlenkette und etwas dezenten Silberschmuck. Damit bin ich ungefähr genauso angezogen wie der übrige Teil der Frauen, vielleicht sogar etwas feiner. Unterm Strich heißt das, dass man als Transe eigentlich überall hin gehen kann, wenn man für den Anlass entsprechend aussieht. Man sollte es sich halt vorher überlegen, wohin man gerät. Im Zweifelsfall die „Beste Freundin“ fragen, was man zu der Gelegenheit anzieht – das tun biologische Frauen nämlich auch.
Und nun zur letzten Frage: Wie würden sich Frauen benehmen. Dazu ein kleines Märchen, ganz frei erfunden: Es war einmal eine Transe, die sah aus wie die verstorbene Princess of Wales zu ihren besten Zeiten. Hübsch anzusehen, passend gekleidet und perfekt geschminkt. Sie wunderte sich, warum die Leute in öffentlichen Lokalen immer so hämisch grinsten, wenn sie sie sahen. Eines Tages erschein ihr eine Fee und sagte ihr, dass sie drei Wünsche frei hat. Neben Reichtum und Gesundheit wünschte sie sich, dass die Leute sie in Zukunft ernst nehmen sollten, wenn sie en femme ausging. Die ersten beiden Wünsche seien leicht zu erfüllen meinte die Fee, aber mit dem dritten könnte es schwierig werden. Die Transe war zum Tode getrübt, war es doch ihr Herzenswunsch als Frau in der Öffentlichkeit zu leben. Mit Tränen in den Augen fragte die Fee, was den das Problem dabei sei. Die Fee war gerührt und sagte: „Meine Liebe, das Problem bist du selbst. Eine Frau sitzt nicht breitbeinig auf dem Barhocker, sie bestellt nicht mit den Worten `Bedienung machen`s mal die Luft raus!´ quer durch den Raum ihr zweites Bier, um es dann in gierig in zwei Zügen auszuleeren. Sie isst auch nicht mit beiden Ellenbogen aufgestützt laut schmatzend ihr Abendessen. Sie……“. Zwei Stunden später beschloss die Fee ihre Belehrungen und entschwebte. Die Transe aber nahm sich die Ratschläge zu Herzen, wurde bald darauf von einem Prinzen geheiratet und beendete ihr glückliches Leben viele Jahre später bei einem tragischen Autounfall. Und die Moral von der Geschichte: „Benimm dich wie eine übliche Dame und man wird dich (hoffentlich) wie eine behandeln“. Und wenn nicht, kannst du immer noch den harten Kerl herauskehren.
Passables Passing: „Das hört sich alles ganz prima an!“, denkt die geneigte Leserin, übt fleißig und hat ein paar Tage später einen Nervenzusammenbruch, als sie wieder einmal das Wort „Tunte“ hört. Tatsache ist, dass nur die allerwenigsten von uns ein perfektes Passing haben. Leider spukt einem die eigene Biologie immer wieder dazwischen. Sei es die Stimme, die Körpergröße, der Bartschatten oder der Adamsapfel, irgendein Merkmal verrät uns immer. Um diese Probleme so weit wie möglich zu beseitigen, ist ein medizinischer Weg notwendig, der meist nur auf dem transsexuellen Weg in Frage kommt. Für eine Transsexuelle hat ein gutes Passing auch einen ganz anderen Stellenwert als für eine Transe. Was lernt man? Wir müssen auf den Satz „Schau mal, die da drüben ist ja ein Mann!“ jederzeit gefasst sein und mit diesen Situationen auf eine positive Weise umzugehen lernen. Meine ganz persönliche Strategie dazu ist, möglichst offen auf die Menschen zuzugehen. Der Fehler Nummer eins ist, sich zu schämen und möglicherweise sogar zu rechtfertigen oder Erklärungen anzubieten. Erstens will das niemand hören, zweitens niemand glauben und drittens geht es niemanden etwas an. Ich nehme ganz für mich das Recht in Anspruch, genau wie jede Frau in der Öffentlichkeit aufzutreten. Dafür muss ich niemanden Erklärungen anbieten und ich muss für dieses Recht auch nicht mit missionarischem Eifer verbal eintreten. Ich muss es einfach nur tun.
Ein Wort zum Lachen und Ausgelacht werden. Das Transendasein hat für einen Außenstehenden immer etwas Lächerliches. Ein Drehbuchautor für amerikanische Comedie-Soaps hat einmal gesagt, dass er, wenn er für eine Folge gar keine witzige Idee hat, immer noch ein letztes Mittel weiß. Und das ist einen Mann im Kleid auftreten zu lassen. Lachen entspannt eine Situation, und persönlich lache ich lieber mit den Menschen, als dass ich mich auslachen lasse. Und dann gibt es immer noch ein Mittel, um einen aufdringlichen Zeitgenossen in seine Schranken zu weisen, nämlich die persönliche Kontaktaufnahme. Ein Zwinkern oder ein direktes Wort („Gefall ich ihnen?“) hat jedenfalls schon manchen Gaffer besiegt.
Nachschlag
Unterm Strich steht für mich jedenfalls die Schlussfolgerung, das eine Transgenderperson, die mit ihrem persönlichen Umfeld im Reinen ist, heute mehr Chancen denn je hat, ihre Persönlichkeit auszuleben. Sicher ist nicht alles in schönster Ordnung, negative Erlebnisse kommen vor. Selten zwar, aber man muss darauf gefasst sein. Umso wichtiger ist es, heute die Chancen zu nutzen, die sich einem bieten, statt auf ungewisse Hoffnungen von gesellschaftlichen Veränderungen zu bauen. Schließlich sind wir es, die diese Veränderungen auslösen müssen. Denn wenn wir es nicht tun, wer sollte es sonst tun?

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