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Artikel aus: Bild der Wissenschaft

 
Warum Cornelia Klein kein Mann sein konnte. Viele Menschen leben in dem verzweifelten Bewußtsein, den Körper des falschen Geschlechts zu besitzen. Ihnen kann heute geholfen werden - psychologisch, hormonell und operativ.
Transidentische Menschen hebeln das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit aus den Angeln. Und das heißt: entweder Mann oder Frau. "Der allgemeine Druck, sich selbst einem der beiden Geschlechter zuzuordnen, ist gewaltig", schreibt Prof. Volkmar Sigusch , Direktor der Abteilung für Sexualwissenschaft der Frankfurter Universitätskliniken: "Und wehe denen, die das nicht können." Das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit ist ausgehebelt

"Tatsächlich", erklärt Sigusch, "ist im allgemeinen nur das körperliche Geschlecht gegeben, nicht aber die entscheidende Geschlechtsidentität, die seelische Gewißheit, diesem oder jenem Geschlecht anzugehören."
Etwa 6000 Menschen soll es in der Bundesrepublik geben, die das Zugehörigkeitsgefühl zum Gegengeschlecht als unveränderbare, zweifelsfreie Identität erleben. Transsexuell werden sie genannt, seit der deutschstämmige Endokrinologe Harry Benjamin 1953 erstmals die Transsexualität vom Transvestitismus - dem Tragen gegengeschlechtlicher Kleider zur sexuellen Stimulanz - abgrenzte. In Deutschland gibt es rund 6000 transidentische Menschen

 

Erfolglos waren bislang alle Versuche, transidentische Patienten psychotherapeutisch von ihrem Wunsch nach Geschlechtsveränderung zu befreien. Als einzig sinnvolle Maßnahme, schrieb der Sexualwissenschaftler Eberhard Schorsch 1980 in der Zeitschrift "Sexualmedizin", bliebe deshalb nur, "dem Drängen der Transsexuellen nach einer Geschlechtsumwandlung nachzugeben" "Geschlechtsumwandlung ist das einzig Sinnvolle"

 

An seiner Einschätzung hat sich bis dato nichts geändert. Erste geschlechtsangleichende Operationen wurden - auf Druck der Betroffenen - bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren in Berlin versucht. Weltweites Aufsehen erregte jedoch erst die 1953 in Dänemark durchgeführte Geschlechskorrektur des amerikanischen Soldaten Christine Jörgensen. "Einmal in die Welt des Machens gesetzt", meint Volkmar Sigusch, "müssen wir mit ihr leben", obgleich ihn angesichts der "Allmachtsphantasien eines Teils unserer Mediziner" durchaus ein "basales Unbehagen" ergreife. "Trotzdem bleibt ein basales Unbehagen."

Die Situation transidenter Menschen nach der geschlechtskorrigierenden Operation ist in den letzten 20 Jahren oft untersucht worden. Die meisten notierten vorwiegend positive Wirkungen auf die Lebensqualität. Sie sind vor allem dann festzustellen, bemerkt Prof. Götz Kockott von der Psychiatrischen Klinik der TU München, wenn die Operation "eingebettet war in eine psychotherapeutische Begleitbehandlung".Cornelia Kleins neues Leben hat erst nach der Operation begonnen. Die Operation, sagt sie mit Nachdruck, mache einen Mann allerdings nicht zur Frau - die müsse man schon vorher gewesen sein. Entscheidend ist eine psychotherapeutische Begleitung

Autorin:
CLAUDIA EBERHARD- METZGER ist Biologin und regelmäßige Autorin von bild der wissenschaft.
Dieser Artikel erschien in der Februarausgabe von "bild der wissenschaft", Hrsg. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart
 

Der Artikel stammt aus der Ausgabe 02/97. Unter dem Link finden sich noch zwei weitere Artikel zu dem Thema.