Transgender.at Informationsverzeichniss


Monique's Gedanken zum Transgender sein

Vielleicht findet so manche hier meine Gedanken und die daraus resultierenden Verhaltensweisen faszinierend oder aber auch unlogisch. Ich werde hier dennoch versuchen, die Thematik Transidentität nicht isoliert zu betrachten, sondern vielmehr diesen wunderbaren Aspekt des menschlichen Lebens im Kontext mit der Existenz, dem Leben an sich zu beleuchten.

Warum ich das mache? Ganz einfach, weil wir Transgenders zum überwiegenden Teil ein liebevolles, einfühlsames, sensibles, innerlich wie äusserlich schönes und durch die Bank intelligentes Völkchen und darüber hinaus in erster Linie Menschen sind.

Hast Du je von einer Transe gehört, die andere verspottet, anderen Gewalt antut, Zwistigkeiten säht oder gar Konflikte herbeisehnt, wie es leider sehr viele – und hier mit überdurchschnittlich hohem Anteil männliche – Menschen tun? Also, mir ist bisher diesbezüglich wenig bis gar nichts zu Ohren gekommen!! Kein Wunder: Sind es doch gerade die transidenten Menschen, die mitunter wegen ihrer steten und bewussten Selbstreflexion bestrebt sind, Brücken zu bauen anstatt diese niederzureissen. Brücken sowohl zu ihresgleichen als auch Brücken zu anderen Randgruppen sowie zwischen den Geschlechtern an sich.

Man möge mir an dieser Stelle verzeihen, dass ich eventuell zu kategorisch oder zu absolut über diese Dinge schreibe bzw. Behauptungen aufstelle, die für andere vielleicht (noch) nicht nachvollziehbar sind. Schlafende weckt man aber leider nun mal nicht mit Ohrensäuselei (biblisch: Ohrenbläserei). Alles was ich hier von mir gebe, fusst auf eigenen Erfahrungen als Mann, als „Frau“ und aus der Beziehung zu meiner Frau sowie aus der Meditation (Zen; Zen-Buddhismus ist der von mir gewählte Weg des Erkenntnissammelns, weil ich vom bisher im Westen praktizierten Flower-power-Buddhismus nicht allzu viel halte).

Wir leben in einer Welt, die dem Untergang geweiht ist, wenn wir nicht bald und auf rebellische Art und Weise etwas unternehmen. Mit „Rebellion“ und „unternehmen“ meine ich nicht etwa Revolution (von einem Chaos in das nächste) oder gewaltsames Überzeugen anderer. Wir müssen uns einfach transformieren. Ja du hast richtig gelesen: Transformieren. Zwar sei hier nicht unbedingt allein die Änderung des äusseren Erscheinungsbildes angesprochen. Gemeint ist vor allem ein innerer Wandel, der Bruch mit jeglichen Konditionierungen. Die Abkehr von den seit Jahrtausenden bestehenden Konditionierungen, mit denen u.a. die Unterjochung der Frau einherging und die uns bis knapp vor den globalen Holocaust brachten. Die Welt wird nach wie vor von stupidem, vordergründig kurzsichtigem männlichem Denken und Idealen geleitet, die sich auf noch primitiveren Religionen und Weltanschauungen gründen: Gewalt wo man(n) hinsieht. Wozu diese Gewalt? Ist es gar die Eifersucht des Mannes auf die den Frauen angeborene Kreativität und deren Fähigkeit Leben hervorzubringen, die einige einflussreiche Männer Kriege führen lässt und sie dazu bewegt, die Welt nach dem Gundsatz „money makes the world go around“ in ein materielles Inferno zu verwandeln, in dem Geld alles, der Mensch aber nur noch sehr wenig zählt? Oder sind Männer einfach nicht in der Lage, ihr auf den seit dem Zeitalter der Industrialisierung überflüssig gewordenen Jagdtrieb zurückzuführendes Rudelbewusstsein abzulegen? Aber nicht nur körperliche bzw. kriegerische Gewalt, sondern auch emotionale bzw. psychische Gewalt sind (noch) an der Tagesordnung: Intoleranz gegenüber Randgruppen, mediales Meinungsdiktat etc etc. Kurz um: Spirituell befinden wir uns irgendwo zwischen Urknall und Mittelalter.

Nun, die Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden. Sinn der obigen Darstellung ist aber der Übergang zum Wesentlichen, nämlich dem Positiven – dem Kreativen.
Dass nicht alles auf der Welt so läuft wie wir es gerne hätten, ist uns allen bewusst. Jede negative Seite hat aber auch eine positive Kehrseite: Ohne den kalten Krieg bzw. den militärischen Spitzeldienst gäbe es wohl kein Internet; also genau jenes Medium, das es auch uns Transen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren, uns kennenzulernen usw.

Wenn jemand etwas ändern kann, dann nur wir selber. Eine effektive und anhaltende Verbesserung erreicht man (wie es die Geschichte beweist) nicht durch Meinungsdiktat, Religion und dergleichen. Der Wandel muss vom Individuum, von seinem Inneren ausgehen. Schluss mit Programmsätzen. Es ist Zeit, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. „Ändere dich selbst, dann ändert sich die Welt.“ Jesus und Buddha haben es uns bereits vorgelebt. Was die Menschen aus der reinen Lehre Jesu` und der Botschaft Buddhas machten, muss hier nicht explizit dargelegt werden. Jesus soll gesagt haben: In jedem Holzscheit, das du spaltest, in jedem Stein, den du aufhebst, findest du Gott. Buddha sagte, dass der Weg zur Erleuchtung (bewusstes und eigenverantwortliches Leben jenseits aller Konditionierungen in Verbindung mit dem „Nützlichsein“ für andere) nur durch Meditation (bewusstes Insichkehren) zu erreichen ist und dass man ihm (im Traum) den Kopf abschlagen solle, wenn man von ihm träume, weil jedes Individuum seinen eigene Weg zu gehen habe, der gleichzeitig sein Ziel ist . Beide sagen auf ihre Art und Weise das gleiche: Du brauchst keinen Mittler zwischen dir und Gott. Gehe deinen individuellen Weg. Was macht die christliche Kirche, was tun die meisten Buddhisten? Richtig! Das Gegenteil: Sie versuchen das Leben Jesu´ oder Buddhas nachzuleben oder gar genau das Gegenteil zu tun. Nichts anderes als Imitation bzw. Negativimitation. Buddhisten haben an jeder Ecke Buddhastatuen, die zum Teil auch angebetet werden. In jeder Kirche ein Kruzifix, Heiligenstatuen und sogar Bildnisse vom Paradies, obwohl es einst ein Gebot war, dass der Mensch sich weder vom Himmel noch von der Hölle ein Abbild herstellen solle. Klar hat man dieses Gebot verschwinden lassen, liesse sich doch ansonsten der kirchliche Prunk nicht rechtfertigen……

Was hat das alles mit uns Transgenders zu tun? Nun, eine ganze Menge, wie ich meine. Diejenigen Tgs, zu denen ich Kontakt habe, sind Menschen, die althergebrachte Konditionierungen nicht akzeptieren wollen und dies u.a. auch durch ihre Kleidungswahl, ihr Styling oder gar durch eine gaOp (geschlechtsangleichende Operation) zum Ausdruck bringen. Sie beginnen bei sich selber! Sie haben erkannt, dass Mann nicht gleich Mann und Frau nicht gleich Frau ist. Zumindest nicht in der Form, wie es uns seit Jahrhunderten, ja seit Jahrtausenden vorgegaukelt wird. Es ist inzwischen wissenschaftlich bewiesen, dass beide Geschlechter weibliche und männliche Hormone besitzen. Ein geringer Prozentsatz mehr vom einen oder anderen Hormon bestimmt die Zugehörigkeit zum jeweiligen Geschlecht. Ansonsten wäre es ja kaum möglich, dass aus einem genetischen „Mann“ plötzlich eine Mensch wird, der sowohl vom äusseren Erscheinungsbild als auch von der Emotionalität her „Frau“ wird oder auch vice versa.
„Ein Mann weint nicht“. Dann muss die Existenz, der liebe Gott oder nennen wir es die Schöpfung, sich ja gewaltig vertan haben, wenn sie den Männern Tränendrüsen- und Flüssigkeit gab. Dies jedoch nur dann, wenn heimliche Tränen unter dem Kissen nicht als Tränen gelten….
Männer können kreativ sein! Natürlich ist auch der Krieg ein Instrument, das dem Manne einiges an Kreativität abverlangt. Die Entwicklung der Waffentechnologie ist auch eine Schöpfung, leider aber eine der destruktiven Art. Man(n) muss nur die Männer und deren angeborene Kreativität in die „richtigen“ Bahnen lenken und als Resultat erhält man eine perfekte Kriegsmaschinerie, Atomkraftwerke etc etc. Unter diese „richtigen“ Bahnen ist in erster Linie das von Kindesbeinen an aufgezwungene Rollenverhalten zu subsumieren, mit welchem selbstredend auch das Bekleidungsdiktat einhergeht. Kleider machen schließlich Leute und wer könnte schon in „Softie-Kleidung“ die in sämtlichen Hierarchien erwünschte männliche Dominanz ausstrahlen bzw. vermitteln? „Scherz“ (eigentlich ist es ja bitterer Ernst) beiseite. Die natürliche und positive Kreativität der Männer ist mehr gefragt denn je. Ob diese Kreativität nun weiblich ist oder nicht, lasse ich dahingestellt. Positiv sollte sie jedenfalls sein.
Ganz am Rande fällt mir hier gerade ein, dass die bekanntesten Stylisten, Friseure und Modezare Männer sind. Insofern bin ich als Transe schon ein Phänomen: Ich trage als Mann Kleidung, die eigentlich dem weiblichen Geschlecht vorbehalten ist und wiederum von Männern entworfen wurde. Interessant. Da ja bekanntlicherweise kein Mensch mit Make-up im Gesicht, mit Röcken oder Stöckelschuhen geboren wird, möchte ich mich hiermit einmal ganz herzlich bei jenen Herren, die das Make-up sowie die diversen weiblichen Kleidungsstücke erfunden bzw. entworfen haben und bei jenen Damen, die ersteres tragen bzw. zweiteres anziehen, bedanken, weil sie es mir als wirklich mit allen männlichen Attributen versehenem Mann damit so leicht machen, meine „weibliche“ Erscheinung zu perfektionieren. Ha! Jetzt sind wir genau am Punkt! Denken wir uns alle Schminke, Röcke, Kleider, Schuhe, falsche Fingernägel, Schmuck, Silikonbrüste und Perücken (beide in erster Linie für Frauen hergestellt...) sowie Operationstechniken, die ja im großen und ganzen Errungenschaften der Neuzeit sind, einmal weg. Wie sollte sich nun ein Mann dem Erscheinungsbild der Frau nähern? Gar nicht! Fazit: Diese Styling- und Kleidungsordnung ist unnatürlich und antiquiert.
Weder bei den sogenannten primitiven Naturvölkern noch im Tierreich sind Schönheit oder kreatives Verändern des Erscheinungsbildes auf ein spezifisches Geschlecht eingeschränkt. Tätowierungen, Körperfarbe, Brandings und Schmuck werden bei den meisten Stämmen von beiden Geschlechtern „getragen“. Manchmal ist sogar ein gegenläufiger Trend zu beobachten: Wer trägt denn den schönsten Kopfschmuck bei den Indianern – Herr oder Frau Indianer? Wer hat denn die schöne Löwenmähne - Herr Löwe oder Frau Löwin? Trägt Herr oder Frau Pfau den schöneren Federkranz? Zur Zeit des Barock (Historiker mögen mich korrigieren, wenn ich mich irre!) trugen gleichwohl Frauen wie Männer prunkvolle Gewänder, schminkten sich und trugen Perücken. Der Stöckelschuh wurde eigentlich für Männer entworfen… usw. usw. Obschon ich kein Biologe bin, drängt sich mir der Gedanke auf, dass sich Mutter Natur etwas dabei gedacht hat, dass die männlichen Tiere zumindest nicht unattraktiver sind als die Weibchen. Es dürfte um die sexuelle Partnerwahl gehen. Schönheit steht mitunter für Gesundheit und folglich wird ein auf gesunde Nachkommenschaft bedachtes Weibchen auch nur ein gesundes (das gesündeste) Männchen für den Geschlechtsakt auswählen. Der Mensch konnte freilich mit der Schöpfung nicht zufrieden sein und musste zuerst wahrscheinlich aus Fortpflanzungsüberlegungen, später aber vorwiegend aus Eitelkeits- und Geltungsdrangsgründen seiner Schönheit bzw. Gesundheit mit Nachdruck Ausdruck verleihen. Wohlgemerkt geschah dies bis zu einer gewissen Epoche ohne Unterschied des Geschlechtes.
Warum sich also an die heute herrschende Auffassung, was in punkto Styling als weiblich und was als männlich zu gelten habe, halten? Der Mann ist genauso berechtigt schöne Kleidung zu tragen. Warum sollte nicht auch er sein Gesicht „bemalen“ wie es viele Frauen tun? Dass „Herr“ sich (im Gesicht) rasiert, wird mittlerweilen nicht nur akzeptiert, sondern großteils von der Gesellschaft verlangt. Ich denke nicht, dass es allzu provokant ist, hier die Frage zu stellen, ob denn nicht jeder Mann, der sein Gesicht rasiert, bereits eine Transe ist; immerhin ähnelt er ja bereits durch das Entfernen der Gesichtsbehaarung mehr der Frau als vorher. Warum ist es dann aber so, dass von Frauen geradezu verlangt wird, sich regelmäßig die Beine zu enthaaren? Wortschöpferisch würde mir hiezu nur der Begriff Transvilia (vilia: lat. weibl. Kind) ein, zumal rasierte Beine ein Erscheinungsbild bieten, welches Mutter Natur lediglich für Kinder vorsieht. Männer, die sich die Beine rasieren, werden oftmals – z.B. im Fussballverein belächelt. An dieser Stelle ein Tipp: Wenn mich jemand fragt, warum ich mir als Mann den Körper enthaare, dann ist von mir entweder die Antwort zu hören „weil es mir gefällt“ oder „weil Strümpfe einfach auf rasierten Beinen besser aussehen“ (die Wahrheit glaubt dann sowieso keiner; nämlich dass ich eine Transe bin). Auch bei gezupften Augenbrauen gebe ich den Rat, sich keinesfalls zu rechtfertigen. Es gefällt dir eben besser. Und aus! Sich gesellschaftlichen Stylingvorschriften anzupassen heißt nichts anderes, als sich eines Teiles seiner angeborenen Kreativität, seiner FREIHEIT berauben zu lassen. Und genau da spiele ich nicht mit – weder als Mann noch als „Frau“. Denn wo liegt denn objektiv betrachtet die Begründung dafür, dass weibliche Kleidung entweder anmutiger, aufregender, sexier, verspielter oder einfach nur weicher ist? Liegt es daran, dass Männer einfach härter sein sollen? Daran, dass man es ihnen aus Prinzip nicht vergönnt, ihre Kleidungswahl unbeschadet jeglicher Konsequenzen selbst und aus freien Stücken zu treffen? Schließlich wird es Frauen heutzutage nicht versagt, männliche Kleidung zu tragen; die Frauenbewegung hat ganze Arbeit geleistet, denn nicht immer konnten Frauen beispielsweise ungestraft Hosen tragen. Hut ab!

Es fällt mir einfach schwer, eine rationale Erklärung dafür zu finden, warum es zum Großteil aus männlicher, aber zu einem gewissen Prozentsatz auch aus weiblicher (Mannsfrauen) Sicht für die Frau im gewissen Sinne ein gesellschaftlicher Aufstieg sein soll, wenn sie im Business-suite herumläuft, dasselbe aber nicht für den Mann gelten solle, wenn er es beispielsweise vorzieht, einmal im hübschen Röckchen und mit eleganten Stöckelschuhen zur Arbeit oder sonst wohin zu gehen. Die einzig logische Schlussfolgerung die ich anbieten kann, ist, dass die Frau in der Hierarchie noch immer unter dem Manne steht und folglich noch immer nicht gleichberechtigt ist. Wer sollten also die besten Verbündeten der Frauen sein? Natürlich die Transen! Selbstverständlich gilt dies auch umgekehrt. Ich bin auch kein Mathematiker, aber rein rechnerisch ist die aus Frauen, die ja etwa 55% der Weltbevölkerung ausmachen (jaja, Östrogen gibt Kraft..) und Transen, bi- und homosexuellen Männern gebildete Summe um einiges höher als die Anzahl der „Normalomänner“. „Cum viribus unitis“ kann ich da nur sagen.

Es ist genau jetzt an der Zeit, dass wir Transen rausgehen in die Öffentlichkeit. Schluß mit dem Versteckspiel. Vielleicht kommt gerade in diesem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe mein kämpferisches männliches Ego zum Vorschein, aber nichts desto trotz beharre ich darauf, dass es nicht die Transen sind, die sich zu verstecken haben. Nicht die sensiblen und sozialen Menschen sollten sich verstecken. Es sind die negativ aggressiven Politiker, Priester, Militärs und dergleichen, die sich im stillen Kämmerlein einsperren und darüber meditieren sollten, was sie gemeinsam mit ihren Vorgängern aus dieser wunderschönen Mutter (ein schönes weibliches Wort, nicht wahr?) Erde gemacht haben. Eventuell helfen ein Paar halterlose Strümpfe und hochhackige Schuhe ein wenig auf die Sprünge? Ich gebe zu, dass ich selber zwar etwa einmal in der Woche en femme unterwegs bin, es jedoch bislang rein aus beruflichen Gründen unterlassen habe, als Monique unser Haus zu verlassen. Meine materielle Existenz will ich nicht riskieren. Was ich damit zum Ausdruck bringen will, ist, dass es selbstverständlich kaum jemandem von uns möglich ist, seine Transidentität kompromisslos auszuleben. Es sei denn man/frau ist transsexuell. Was das outing von Transsexuellen betrifft, so gibt es wohl kaum Menschen, die ich mehr bewundere. Sie tragen bestimmt am meisten dazu bei, dass die Gesellschaft toleranter wird; nämlich genau in ihrem direkten Umfeld geben sie ihren Mitmenschen die Gelegenheit zu erfahren, dass einerseits die alte Werteordnung bzw. Rollenverteilung anzuzweifeln und ihr Gegenüber ein Mensch ist, der eigenverantwortlich sein Schicksal in die Hand genommen hat und gerade deswegen ein so lieber Zeitgenosse ist (es gibt nur wenige Ausnahmen). Aber jeder Beitrag zählt. Im Prinzip ist es auch ganz egal, wenn du deine „weibliche Seite“ nur zuhause auslebst, denn es macht dich zu einem glücklicheren und entspannteren Wesen, welches schon allein dadurch sein Umfeld positiv beeinflusst. Allerdings verwehre ich mich ein wenig gegen den Terminus „weibliche Seite ausleben“, wenn mir eine Transe berichtet, dass sie gerade in weiblicher Kleidung zuhause sitzt. Ich glaube zwar zu wissen, dass sie in Wirklichkeit meint, durch ihre Kleidungswahl der ansonsten im Alltag unterdrückten Kreativität, Liebe, Wärme und Verspieltheit Ausdruck zu verleihen. Aber sind sich auch alle Tgirls dessen bewusst?

Ich finde es aus mehreren Gründen so toll, als Frau unter die Leute zu gehen, sei es untertags beim Shoppen und Spazierengehen oder nachts beim Ausgehen.

Einerseits erfährt man sich als „Frau“ in der Öffentlichkeit ganz neu. Man bewegt sich bewusster, achtet mehr auf seine eigenen Verhaltensmuster, auf seine Mitmenschen und darauf, wie man reflektiert. Ich wage zu behaupten, dass dieses bewusste „im Trubel gegen den Strom schwimmen“, wie ich es so gerne bezeichne, zur Zeit (noch) nur ganz wenigen Menschen möglich ist. Der Großteil der Menschen befindet sich in einem unbewussten Tiefschlaf. Die Transe nicht, sie erlebt jede Situation (v.a. bei den ersten Outdoor-Erfahrungen) als absolutes Abenteuer, als Wechselbad der Gefühle. Was für eine Chance zur Selbstfindung!

Andererseits verbessert jede Outdoor-Erfahrung den Umgang mit den Mitmenschen. Man lernt plötzlich, dass kein Mensch von Grund auf böse ist, sondern, dass du zu mindestens 50% mitverantwortlich für die Ausgestaltung deiner zwischenmenschlichen Beziehungen bist. Noch nie, wirklich noch nie habe ich eine negative Erfahrung als Monique gemacht. Mit 1,91 m Körpergrösse (und Kraftsport), meiner Frisur und Kleidung bin ich eine sicherlich imposante Erscheinung. Zwar versichern mir meine Freundinnen allesamt, dass selbst absolute Insider es schwer hätten zu erkennen, um welche Art von Mädchen es sich bei mir handelt. Dies gilt meiner Meinung nach uneingeschränkt nur wenn ich sitze (hihi). Ich sehe keinen Grund, warum ich meine zwar als Monique stets sanftere Stimme künstlich höher ertönen lassen sollte; und so ist beispielsweise für jede 1,60 m große Verkäuferin spätestens wenn ich frage „ob es den Rock auch in 42 gibt“, klar, dass die mit Schuhwerk etwa 1,98 m große Dame vor ihr ein kleines Geheimnis hat (oh, wie doppelbödig. Hihi). Aber gerade diese Situationen liebe ich so. ein freundliches Lächeln, ein paar nette Worte und das Eis ist gebrochen. Es wird sich in jedem Laden, den ich betrete, nett um mich gekümmert. Oft höre ich wirklich nette Komplimente, die, weil sie von Frauen und sohin von Expertinnen kommen, Labsal für mein zugegebenerweise sehr eitles Wesen sind (wäre ich sonst eine echte Transe?). Manche Dame holt sich Stylingtips von mir. Es ist das Selbstverständnis, das Selbstbewusstsein und die Art des Umganges, die zu solchen Erlebnissen führen. Selbstredend spielt auch die Form des Stylings eine Rolle. Zwar gibt es auch schlecht gestylte Bios, nur fallen die eben nicht so auf. Hier gilt: Anerkannt und bewundert wird, was gut gemacht ist; egal ob du Mann, Frau oder etwas dazwischen bist. (Danke Elli für die Inspiration zu diesem Satz).

Dass wir in diesem Körper noch eine Zeit erleben, in der jeder Mensch zumindest tragen kann was er will ohne berufliche oder zwischenmenschliche Probleme zu kriegen, schliesse ich trotz allen Optimismus´ aus. Von wirklich gelebter Freiheit rede ich noch gar nicht…

Aber zwei Aspekte können Mut geben, sich dennoch auf die eine oder andere Art als TG unters Volk zu mischen. Erstens löst jede von uns mit ihrer Erscheinung ein kleine Lawine aus. Menschen machen sich Gedanken über das, was sie sehen und sie erzählen es weiter. Allein, dass meine Familie und manche Freunde „eingeweiht“ sind (alle haben überaus positiv reagiert), hat bestimmt nicht nur deren eigene Sichtweise verändert, d.h. deren Toleranzbereitschaft vergrößert, sondern sie tragen diese „kleine Flamme“ bewusst oder auch unbewusst weiter und andere erhalten wiederum die Chance zu lernen. Wenn also nicht unmittelbar wir selber von unseren Handlungen profitieren werden, so immerhin unsere Nachkommen.
Der zweite Aspekt ist, dass selbst wenn kein Mensch durch deine Präsenz etwas lernen sollte, du dir deiner selbst mehr bewusst wirst und es dir leichter fällt, zu dir zu stehen und dich selbst zu lieben so wie du bist.

Liebe zu sich selbst ist schliesslich das wichtigste im Leben, denn ohne sich selbst zu lieben, kann man auch keinen anderen wirklich lieben.

Mir ist klar, dass es sehr, sehr viele Möglichkeiten gibt, für mehr Toleranz und Liebe unter den Menschen zu sorgen. Da ich ein sehr praxisorientierter und realistischer Mensch bin, habe ich mir aber genau das oben beschriebene Gedankenkonzept zurechtgebastelt. Immerhin bin ich Transgender und war mir meiner nicht immer so bewusst (zu lernen habe ich noch viel..), wie ich es jetzt bin. Da ich nicht nur für mich selber, sondern auch für andere nützlich sein will, habe ich diesen Text verfasst. Ein Versuch, meine schöne Leidenschaft mit meinen weltverbesserischen Gedanken in Einklang zu bringen.

Für nützliche Hinweise via email bin ich stets offen.

Monique duMont

Monique's Profil