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Medizinischen Praxis: Haarsausfall, ein Problem vieler Transidenten
Ein Problem vieler Transidenten sind fehlende Haare. Ihnen wurde durch männliche
Hormone der Garaus gemacht.
Finasteride ist ein Wirkstoff, der diesem Problem entgegenwirkt.
Dr. Rainer Försterling schreibt zu diesem Thema exclusiv für TG-Info!
Finasteride
Sinnvoller therapeutischer Einsatz bei MzF-Transsexuellen
Finasteride (pharmazeutischer Freiname) wird verkauft unter den Namen "Propecia"
und "Proscar". Propecia enthält 1 mg Finasteride, Proscar enthält pro Tablette
5 mg. Proscar wird verkauft zur Abschwellung der gutartigen Vergrößerung der
Vorsteherdrüse (d.h. zur Verbesserung eines eventuell behinderten Harnabflusses)
bei älteren Männern. In diesem Anwendungsbereich ist Finasteride ein (im Vergleich
zu anderen auf dem Markt befindlichen Präparaten) besonders gut wirksames Mittel
(bei besonders wenig Nebenwirkungen). Die Substanz stellt also einen echten
Fortschritt dar. Hersteller ist "MSD" (USA). Auf dem deutschen Markt ist Proscar
seit ca. 8 Jahren erhältlich.
Im Körper blockiert die Substanz die Umwandlung von Testosteron in einen Abkömmling
des männlichen Geschlechtshormons, der für das Wachsen der Vorsteherdrüse verantwortlich
ist.
Nebenwirkungen sind - wie immer in der Biochemie - sehr stark abhängig von der
Dosis. Bei 5 mg pro Tag sind sie ausgesprochen selten: Leichte Brustvergrößerung
(für die hier Betroffenen eher eine willkommene "Hauptwirkung"!), mäßige Libidoverminderung.
Vorsicht bei schwereren Lebererkrankungen! Auch hier ist eventuell ein Einsatz
möglich - sollte aber nur in Zusammenarbeit mit einem Internisten erfolgen.
Nachdem Finasteride in der Urologie (als "Proscar" = 5 mg) mit Erfolg eingesetzt
worden war, beobachtete man bei etlichen der behandelten Männern einen leichten
Rückgang der Glatzen, ein neues Wachstum von Flaumhaaren an bislang kahlen Kopfhautstellen
- allerdings frühestens nach ca. 6 Monaten regelmäßiger Einnahme. Diese Beobachtung
war Anlaß zur Planung und Durchführung einer klinischen Studie. In dieser Studie
wurde tatsächlich bewiesen - was bei keinem anderen Medikament bis heute gelang
-, daß bei einem Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr Finasteride
in einer - gegenüber der Therapie der Vorsteherdrüse - reduzierten Dosis von
1 mg pro Tag signifikant wirksam war gegen die "männliche Glatzenbildung" (sog.
"androgenetische Alopezie").
In der Praxis bedeutet "signifikant wirksam" lediglich eine Aussage über eine
statistisch über das Zufällige hinausgehende Wirkung. Tatsächlich ist Finasteride
die einzige Substanz, die bei diesem Problem offenbar wirksam ist (in Anwesenheit
von Testosteron! - d.h., da Haarprobleme bei operierten Transsexuellen nur in
Ausnahmefällen mit Testosteron zusammenhängen dürften, ist der Einsatz bei ihnen
sinnlos). Die Wirksamkeit bei bereits fortgeschrittenem Haarausfall ist in den
meisten Fällen enttäuschend. Sind an den kahler werden Stellen noch reichlich
Haare vorhanden, sind die Chancen besser. Hat man schöne lange Haare und überhaupt
noch kaum Ansätze für Geheimratsecken und Glatze - Vater, Onkel, ältere Brüder
aber deutliche Zeichen der "Vermännlichung", hat man keine Bedenken, jahrelang
täglich eine Tablette einzunehmen, ist man bereit, ca. halbjährlich etwas Blut
untersuchen zu lassen, hat man keine Angst vor einer - (leider nur) in äußerst
seltenen Fällen auftretenden Verweiblichung - und hat man - last but not least
(!) genügend Geld - denn die Pille ist teuer (pro Tag ca. E 1,-), dann sollte
man rechtzeitig mit der Einnahme beginnen. Übrigens: Eine Tablette Proscar mit
5 mg kostet etwa soviel wie 4 Tabletten Propecia. Mit Hilfe eines in den Apotheken
käuflichen Tabletten-Spalters läßt sich eine Tablette Proscar bequem vierteln.
Die resultierenden 1,25 mg - Stückchen wirken auch nicht anders als die Tabletten
zu 1 mg. Eine "Fünftelung" würde ich nur nach abgeschlossener Feinmechanikerlehre
empfehlen.
Finasteride wird übrigens - meistens in der Tagesdosis von 2,5 mg in der gynäkologischen
Endokrinologie erfolgreich - also bei biologischen Frauen - als Medikament gegen
"Hirsutismus" eingesetzt. Diese Frauen leiden an einem übermäßigen Körperhaar-
und vor allem Bartwuchs., der bei dieser Krankheit durch einen gegenüber gesunden
Frauen stark erhöhten Testosteronspiegel bedingt ist. Das Testosteron stammt
bei den Betroffenen meistens aus den Nebennieren und bedingt noch vielerlei
andere Störungen bei ihnen.
Aufgrund dieses häufig zumindest relativ erfolgreichen Einsatzes beim weiblichen
"Hirsutismus" kam man auf die Idee, Finasteride (ca. 2,5 mg) zum Bremsen des
Bartwuchses bei MzF-TS einzusetzen - ebenfalls häufig mit (relativem!) Erfolg.
Verfasser:
Dr.med. Rainer Försterling
Facharzt für Innere Medizin
Ettlingerstr. 2c
76137 Karlsruhe
Tel.: +49 - 721-37 80 37
Fax.: +49 - 721-36 3 22
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