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Transsexualismus: geschlechtsumwandelnde Operationen

Dieser Artikel stammt aus der Zeitschrift Medizinische Klinik, Ausgabe 77 aus dem Jahr 1982, Heft 16/17, Autor: E. Biemer


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Operationsmöglichkeit bei MzF Transsexuellen

Die chirurgische Behandlung umfaßt bei den häufiger vorkommenden MzF Transsexuellen folgende Schritte (Abbildungen 1a bis 1e):
1. Orchiektomie,
2. Penektomie,
3. Bildung einer Vagina,
4. Mammaaugmentation,
5. eventuelle Resektion des Adamsapfels oder andere sekundäre Eingriffe (Rhinoplastik u.a.).


Abbildung 1a

Schematische Darstellung der Schnittführung


Abbildung 1b

Der Hodensack ist aufgeklappt, ebenso die Haut des Penisschaftes. Beidseitige Orchiektomie.


Abbildung 1c

Die Urethra und die beiden Corpora cavernosa sind getrennt.


Abbildung 1d

Operation einer Vaginalhöhle zwischen Urethra einerseits und Rektum andererseits. Um den Eingang der Vaginalhöhle werden die beiden Corpora cavernosa subkutan versenkt zur Unterfütterung der großen Schamlippen.


Abbildung 1e

Neugebildete Vagina, die mit Penis- und Skrotalhaut ausgekleidet ist, und entsprechende Neuinsertion der Urethramündung.

 

Im allgemeinen werden heute Orchiektomie, Penektomie und Bildung einer Vagina in einer operativen Sitzung durchgeführt.
Als Technik der Vaginalplastik stehen heute folgende Methoden zur Verfügung:
1. die Auskleidung mit Spalthaut,
2. die Auskleidung mit eingestülptem Penishautschlauch,
3. die Auskleidung mit einem Penishaut- und Skrotalhautlappen,
4. Darmtransplantat.

Bei den Anpassungsoperationen der Transsexuellen wird heute im allgemeinen eine Auskleidung entweder nur mit dem eingestülpten Penishautschlauch oder mit einem Penishaut- und Skrotallappen bevorzugt.

Nach eigenen Beobachtungen genügt die handschuhförmig umgestülpte Penishaut im allgemeinen nicht, um eine ausreichend tiefe und weite Vagina herzustellen. Da aber in jedem Fall die gesamte sensible Penishaut zur Auskleidung der Vagina herangezogen werden sollte, bevorzugen wir eine Kombination der Penis- und Skrotalhaut zur Vaginalauskleidung. Hierzu wird der Skrotalsack durch einen bogigen Schnitt an der Peniswurzel abgetrennt und eröffnet. Durch einen Längsschnitt in der Raphe der Penishaut wird dieser ausgehülst. Hierdurch entsteht ein sogenannter ventraler Lappen, bestehend aus Penishaut, und ein dorsaler, bestehend aus Skrotalhaut, die später beutelartig miteinander vernäht in die Vagina eingestülpt werden. Im Bereich der Basis des Skrotallappens und des Penislappens bleibt immer genügend Haut übrig, um ausreichend große Schamlippen zu bilden. Als Unterfütterung dieser Schamlippen hat sich bei uns die Aufspaltung der beiden Corpora cavernosa des Penisschaftes bewährt, die dann bogig um den Eingang der Neovagina herumgelegt werden.

Wird nur der Hautschlauch des Penis eingestülpt, so werden durch einen Skrotalmedianschnitt und Zirkumzision am Sulcus coronarius die Hoden plus Nebenhoden sowie der Penisinhalt luxiert und entsprechend abgetragen. Der Hautschlauch wird dann in die geschaffene Neovagina eingeschlagen [3].

Turner et al. [8] umschneiden häufig den Penis ventral an seiner Wurzel bogenförmig. Nach unserer Ansicht ergeben diese Methoden nicht immer eine ausreichend große und tiefe Vagina. Bei der ventralen Umschneidung verbleibt darüber hinaus noch eine sehr suspekt auffallende äußere Narbe.

Von größter Bedeutung für ein gutes Operationsergebnis ist das konsequente und lange (bis zu einem Jahr) Tragen eines Bougies.
An postoperativen Komplikationen ist ein Prolaps der Vagina bei ungenügender Auskleidung der Vagina möglich.
Eine der häufigsten Komplikationen ist eine zu kurze oder zu enge Vagina. Sie ist oft Folge von Nekrosen der Lappen der vaginalen Auskleidung in Verbindung mit ungenügend langem Tragen eines vaginalen Phantoms. Es kommen auch Urethrastenosen vor, die aufsteigende Infektionen bis ins Nierenbecken verursachen können.
Zwar lästig, aber harmlos ist die Abweichung des Harnstrahls nach einer Seite hin. Zu den folgenschwersten Komplikationen zählen Fistelbildungen der Urethra, Blase oder Rektum. Diese nicht selten gesehenen Schwierigkeiten sind nur schwer und langwierig zu therapieren.

Anpassungsoperation bei FzM Transsexuellen

Bei den seltener vorkommenden FzM Transsexuellen gestaltet sich die operative Behandlung wesentlich komplizierter und kann in weiten Teilen heute noch nicht als gelöst betrachtet werden. Im einzelnen umfaßt sie
1. Transformationsplastik der Mammae,
2. Hysterektomie,
3. Bildung eines Skrotums mit Hodenprothesen,
4. Phallusbildung.

Im allgemeinen werden heute hier nur Teileingriffe durchgeführt, wie eine Ablatio der Mammae, Hysterektmoie, eventuell noch die Bildung eines Skrotums durch die Implantation von Hodenprothesen in die großen Schamlippen. Alle bisherigen Möglichkeiten einer Phallusbildung sind weit davon entfernt, ein absolut befriedigendes Resultat für die Betroffenen zu liefern.

Während man zunächst die Methode nach Gilles, die sogenannte "Tube-Technik", anwandte, wird heute eine Penisplastik im allgemeinen durch muskulotane Lappen, besonders unter Verwendung des Gracilislappens, entweder beidseitig oder doppelseitig durchgeführt. Die Urethraverlängerung wird dann durch ein über den Katheder genähtes Spalthauttransplantat, das in den Muskelhautschlauch primär oder sekundär versenkt wird, erreicht.

Vielversprechend sind neueste Möglichkeiten durch zwei ineinander eingeschlagene freie Lappenplastiken. Hierbei wird als Urethra zum Beispiel ein Dorsalis-pedis-Lappen mit Umkleidung durch einen freien Leistenlappen, beide mit Gefäßanschlüssen, herangezogen.

Eines der Hauptprobleme ist hier immer die Versteifung.

Gerade bei den weiblichen Transsexuellen ist es aus den dargestellten technischen Gründen von fundamentaler Bedeutung, daß präoperativ sehr detailliert dem Patienten ein klares Bild von den Möglichkeiten und vor allem den Grenzen der operativen Anpassung dargelegt wird.

Auch die sekundären Geschlechtsmerkmale müssen verändert werden

Zur besseren Anpassung des äußeren Erscheinungsbildes, besonders bei MzF Transsexuellen, werden häufig von den Patienten noch formverändernde Eingriffe am Kinn, bei sehr prominentem Adamsapfel oder bei zu kräftiger Nase im Sinne von einer ästhetischen Rhinoplastik gefordert. Häufig ist auch die allein auf hormoneller Stimulation basierende Brustvergrößerung nicht ausreichend, so daß hier noch eine Brustaugmentation mit Silikon-Prothesen notwendig wird.
Ein häufiges Problem gerade bei MzF Transsexuellen ist die Bartbehaarung, die heute am besten durch mehrsitziges Epilieren erreicht wird. Das ist allerdings ein sehr mühsames, zeitaufwendiges und auch kostspieliges Unternehmen.

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LITERATUR
1. Biemer, E., et al.: Plast. Chir. 3 (1979), 186.
2. Cauldwell, D.O.: Sexology 16 (1949), 274.
3. Eicher, W.: Sexualmedizin in der Praxis. Fischer, Stuttgart-New York 1980.
4. Eicher, W., et al.: In: Vogt, H.-J., et al.: Praktische Sexualmedizin II. Verlag Medical Tribune, Wiesbaden 1978.
5. Kockott, G.: In: Zander, J., et al.: Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1979.
6. Kockott, G., et al.: Nervenarzt 47 (1976), 310.
7. Ploeger, A., et al.: Fortschr. Neurol. Psychiat. 44 (1976), 493.
8. Turner, U.G., et al.: Amer. J. Obstet. Gynec. 132 (1978), 119.
9. Westphal, C.: Arch. Psychiat. Nervenkr. 2 (1970), 73.

Verfasser: Priv.-Doz. Dr. habil. Edgar Biemer,
Abteilung für Plastische Chirurgie
(Vorstand: Prof. Dr. Ursula Schmidt-Tintemann),
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität, Ismaninger Straße 22, D-8000 München 80.