Transgender.at Informationsverzeichniss

Operative Therapie bei intersexuellem, weiblichen Genitale oder Transsexualismus

Ausschnitt aus einem Artikel der Zeitschrift Der Gynäkologe (Jahrgang 28, Seiten 40-47) aus dem Jahr 1995.
Autor: W. Eicher


[...]

Die Transformationsoperation

Die Technik der Neovagina durch Invagination der invertierten Penishaut (siehe Abb. 8 und 9) sollte heute die Standardoperation darstellen. Die Ziele der Operation sind:

  • die Kastration durch Exstirpation der Hoden und Nebenhoden sowie des Samenstranges,
  • die Penisschaftresektion mit vollständiger Schwellkörperexstirpation,
  • die Schaffung einer Neovagina, die durch die invaginierte Penishaut ausgekleidet wird,
  • die Formung einer weiblichen Harnröhrenmündung, einer Vulva mit großen und kleinen Labien sowie einer Pseudoklitoris,
  • die Prothesenaugmentation, bei ausbleibender Gynäkomastie.

 

Abbildung 8 Abbildung 9


Durch eine Längsinzision in der Rhaphe des Skrotums werden die Hoden freipräpariert und mit dem Samenstrang jeweils am Anulus inguinalis externus abgesetzt. Dann wird die Mittellinie mit dem Centrum tendineum so dargestellt, daß ein behutsam vordringender Zeigefinger auf jeder Seite ins lockere Bindegewebe, welches den Raum zwischen Rektum und Spatium urogenitale ausfüllt, vordringen kann, beginnend in der Fossa perinealis unter dem M. transversus perineus profundus durch die Fossa ischio rectalis nach pararektal bis zur Prostata. Nach Einsetzen von Breisky-Specula und Zurseitedrängung, der Levatormuskeln wird das Centrum tendineum und seine Fortsetzung, der musculus urethrorectalis, durchschnitten. Es stellt sich nun die Prostatahinterwand und die Denonvillier-Faszie dar, die durchtrennt wird. Nur wenn dies erfolgt, wird die Scheide ausreichend tief und weit sein. Es erfolgt eine weitere Abpräparation des Rektums von der Blase bis ins Spatium praeperitoneale. Dadurch wird eine genügend weite und tiefe Höhle zur Invagination der Penishaut geschaffen. Der Penis wird ausgehülst und die Urethra von den Corpora cavernosa abpräpariert, so daß diese am Schambein abgesetzt werden können. Das Belassen von Schwellkörpern zur Unterpolsterung und zur vermeintlichen Luststeigerung ist ein Fehler. Beim Anschwellen werden sie durch Verwachsungen schmerzhaft und führen zur Verengung des Introitus. Wir entfernen auch nach Absetzen der Mm. ischio- und bulvocavernosi den Schwellkörper um den Bulbus urethrae. Die Penishaut wird am Sulcus coronarius abgetrennt. Sie kann nun invertiert werden. Hierzu muß die freipräparierte Urethra unter der Symphyse an weiblicher Stelle durch die Penishaut herausgeleitet werden. Durch 4 Haltenähte am oberen Wundpol und in der Nähe der peritonealen Umschlagsfalte kann die Penishaut invaginiert werden. Die Vulva wird durch Resektion von Skrotalhaut geformt. Es erfolgt nun das Ausnähen der Urethra zu einem Orificium externum unterhalb der Symphyse an weiblicher Stelle.

Schließlich entfernen wir an der Glans penis einen kürbiskerngroßen Haut- und Schwellkörpergewebsteil, den wir frei einen Zentimeter oberhalb der Urethra auf eine entsprechend desepithelisierte Stelle transplantieren. Der Gewebebezirk wird durch eine Raffnaht erhoben, so daß eine Pseudeklitoris entsteht. Eine Sensibilität bei den von uns nach dieser Methode Operierten wird in über 50% der Fälle angegeben und ist bei der freien Retransplantation der Glans-penis-Spitze erstaunlich, aber erklärbar, da das Schwellkörpergewebe anwächst und Funktion erhält und sich im darunterliegenden Gewebe Druckrezeptoren befinden. Durch beidseitiges zipfelförmiges Herunterziehen von Skrotalhaut werden kleine und große Labien geformt. Die Nähte der Haut erfolgen mit nichtresorbierbaren Prolenefäden, die Fixierung der invertierten Penishaut im Spatium praeperitoneale mit Vicryl, das Ausnähen der Urethra mit 4mal 0 Catgutnähten. Die Tamponade der Neovagina erfolgt mit einem polyvidonsalbegetränkten Gazestreifen, der in 3 tägigem Abstand postoperativ bis zum 10. Tag regelmäßig gewechselt und dann durch eine Silikongummiprothese ersetzt wird. Wir verwenden primär keine festen Prothesen, da es hierdurch zu Drucknekrosen der implantierten Haut kommen kann. Der Dauerkatheter wird zwischen dem 6. und 8. Tag entfernt.

In den Fällen, in denen durch Hormonbehandlung keine ausreichende Gynäkomastie entsteht, wird die Augmentationsplastik von uns mit auffüllbaren Siltexprothesen vom Achselschnitt oder von der Submammarfalte aus durchgeführt. In der Regel werden dabei ausgezeichnete plastische Ergebnisse erzielt. Das Risiko der Kapselfibrose ist relativ niedrig, aber vorhanden.

Eine sorgfältige postoperative Nachsorge muß durch den Operateur erfolgen. Das postoperative Ergebnis wird in seiner Abheilung verfolgt. Die Einheilung des Penishautimplantates ist in 50% Fälle nur partiell und damit in der Hälfte der Fälle nicht primär. Es stellt sich jedoch allgemein eine schnelle Epithelisierung ein, da nur Teilnekrosen vorhanden sind. Wichtig ist eine ausreichende Bougierung. Die Entlassung aus stationärer Behandlung erfolgt in der Regel am 14. Tag. Die Schrumpfungstendenz des Vaginoids ist gering. Voraussetzung dafür ist aber ein regelmäßiges Bougieren bis zur Aufnahme regelmäßiger Kohabitationen. Hierzu hat sich neben der mitgegebenen Standardprothese ein Vibrator bewährt.

Die mancherorts noch praktizierte Auskleidung der Neovagina mit Penoskrotallappen sollte verlassen werden, da in diesen Fällen die Hinterwand der Neovagina behaart ist, immer trocken bleibt und nicht den Aspekt und die Funktion einer Vaginalhaut übernimmt. Die Darmscheide sollte nicht primär, sondern nur als Methode der Korrektur bei fehlgeschlagener Transformation Verwendung finden, da die Betroffenen dauerhaft über vermehrten, geruchsbelästigenden Fluor und über Blutungen aus dem Bereich der Darmschleimhaut bei Kohabitationen klagen.

[...]