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Das Bundesministerium für Inneres
übermittelt in der Anlage den im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Justiz geänderten
"Transsexuellenerlaß 1983".
Es wird ersucht, die unterstehenden, insbesonders die mit Personenstandsangelegenheiten befaßten Verwaltungsbehörden davon in Kenntnis zu setzen.
1. Anträge Transsexueller auf
Änderung von Geburtseintragung oder auf Bewilligung von
Vornamensänderungen waren Gegenstand der Erörterung des
Bundesministeriums für Inneres mit dem
Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst und den Bundesministerien für
Gesundheit und Umweltschutz (nunmehr Bundesministerium für
Gesundheit und Konsumentenschutz) und für Justiz sowie mit
medizinischen Sachverständigen. Hiebei hat sich ergeben, daß
die Diskussion der medizinischen Seite des Transsexualismus nicht
einmal in diagnostischer Hinsicht zu einer auch nur annähernd
einheitlichen Auffassung geführt hat.
Dies und die Tatsache, daß die in einzelnen Staaten getroffenen
gesetzgeberischen Maßnahmen zum Teil stark voneinander
abweichen, hat zur übereinstimmenden Auffassung aller
beteiligten Bundesministerien geführt, eine legistische
Initiative sei in Österreich nicht zweckmäßig, zumal es sich
offenkundig nur um wenige Fälle handelt. Ebenso besteht
Übereinstimmung, daß zumindest die Fälle bereinigt werden, in
denen bereits operative und begleitende sonstige medizinische
Maßnahmen mit dem Ziel einer wenigstens äußerlichen
Angleichung an das Gegengeschlecht durchgeführt wurden.
Diese schon Anfang der 80er-Jahre getroffene Einschätzung hat
weiterhin Gültigkeit.
2. Als Möglichkeit einer rechtlichen Sanierung bietet sich nach
geltendem Recht § 16 des Personenstandsgesetzes an, der im Fall
eines entsprechenden Nachweises die Eintragung eines
Randvermerkes über die Änderung des Geschlechts
ermöglicht. Hiezu bedarf es eines Antrag der Betroffenen.
2.1 Die zur Entscheidung berufene Behörde darf sich nicht damit
begnügen, bloß auf Grund der von den Betroffenen vorgelegten
Unterlagen zu entscheiden, sondern hat von sich aus geeignete
Sachverständige zu bestellen. Geeignet sind nur
Sachverständige, die auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer
Erfahrung mit dem Problemen des Transsexualismus besonders
vertraut sind. Um diese Voraussetzungen und eine einheitliche
Beurteilung sicherzustellen, ist zur Erstellung der Gutachten
ausschließlich das Institut für Gerichtsmedizin der
Universität Wien heranzuziehen.
2.2 Das Gutachten muß erweisen, daß
2.2.1 der Antragsteller oder die Antragstellerin längere Zeit
unter der zwanghaften Vorstellung gelebt hat, dem anderen
Geschlecht zuzugehören, was ihn oder sie veranlaßt hat, sich
geschlechtskorrigierender Maßnahmen zu unterziehen;
2.2.2 diese Maßnahmen zu einer deutlichen Annäherung an das
äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts geführt haben;
2.2.3 mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß
sich am Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nichts
mehr ändern wird.
2.3 Die durch die Einholung der erforderlichen gutachten der
Behörde erwachsenden Kosten können dem Antragsteller als
Barauslagen (§ 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG) verrechnet werden.
Der Antragsteller kann auch zum Erlag eines entsprechenden
Vorschusses verhalten werden (§ 76 Abs. 4 AVG).
2.4 Ein Randvermerk über die Änderung des Geschlechts im
Geburtenbuch darf nur dann eingetragen werden, wenn der
Antragsteller oder die Antragstellerin nicht verheiratet ist.
3. Eine Änderung des Vornamens in einen
geschlechtsspezifischen Vornamen ist an die Änderung der
Geschlechtseintragung im Geburtenbuch gebunden.
3.1 Anträge auf eine solche Namensänderung sollten zusammen mit
dem Antrag auf Eintragung eines Randvermerks nach Punkt 2
eingebracht werden, um unnötigen Zeitverlust für die Erlangung
neuer Dokumente für die Betroffenen zu vermeiden.
3.2 Eine Vornamensänderung in einen geschlechtsneutralen
Vornamen oder in Vornamen, von denen zumindest der an erster
Stelle stehende ein geschlechtsneutraler Vorname ist, kann
derzeit auch ohne geschlechtskorrigierende Maßnahmen bewilligt
werden; das Vorliegen von Transsexualität sollte aber, schon um
Kosten im Namensänderungsverfahren zu vermeiden, durch ein
entsprechendes Gutachten nachgewiesen werden.
4. Wegen der Schwierigkeiten der zu beurteilenden Fragen wird das
Bundesministerium für Inneres auch in Zukunft den Behörden
Hilfestellung bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen
gewähren. Anträge von Transsexuellen auf Eintragung eines
Randvermerks über die Änderung des Geschlechts im Geburtenbuch
oder auf Änderung des Vornamens in einen geschlechtsspezifischen
Vornamen sind daher nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens,
d.h. nach Einholung des Gutachtens nach Punkt 2, dem
Bundesministerium für Inneres vorzulegen.
Quelle ÖStA 1/97 |