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Die Grenzen des Rechts bei der Bewältigung von Problemen Transsexueller Bei der Diskussion über die Rechtsstellung Transsexueller vor der Vornamensänderung zeigte sich, daß es Bereiche gibt, wo die Umwelt sich gemäß den Wünschen der Betroffenen verhalten darf, dazu aber nicht verpflichtet ist. Das Recht bietet nicht immer die Mittel, das gewünschte Ergebnis durchsetzen zu können.
Auch nach der offiziellen Vornamensänderung (oder auch Feststellung der neuen Geschlechtszugehörigkeit) gibt es Bereiche, wo das Recht nicht weiter hilft. Entsprechend den am häufigsten an mich herangetragenen Problemen sind hier die folgenden Dinge zu nennen:
1.Es gibt keinen Schutz gegen das
Rumerzählen der
Vergangenheit durch
Privatpersonen. Es darf lediglich nicht
die Unwahrheit sein. Das
Strafrecht verbietet die Verletzung
von Privatgeheimnissen nur durch
Beamte und Angehörige
spezieller Berufsgruppen
(Rechtsanwälte, Ärzte usw.), die der
Schweigepflicht unterliegen. Auch
dieser Tatbestand greift
aber nur, wenn der Beamte usw.
dienstlich von der
Transsexualität erfahren hat.
Wenn ein Beamter sich dieses
Delikts schuldig gemacht hat, muß
die/der Betroffene
innerhalb von 3 Monaten ab
Kenntnis von Tat und Täter
Strafantrag stellen. Außerdem
sollte in solch einem Fall
Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben
werden (dafür läuft keine
Frist), denn der Bruch der
Amtsverschwiegenheit ist auch ein
Dienstvergehen. Mir wurde von
einem Fall berichtet, in dem
der Standesbeamte den zukünftigen
Ehemann aufs Standesamt
einbestellte und ihm die
transsexuelle Vergangenheit seiner
Braut eröffnete. Leider hat diese
Betroffene nichts
unternommen. In dem Fall war
natürlich das Kind in den
Brunnen gefallen, aber durch diese
Maßnahmen hätte
vielleicht erreicht werden
können, daß der Standesbeamte
sich in Zukunft anders verhält.
2.Es gibt keine wirksamen rechtlichen
Möglichkeiten gegen
abfälliges oder auch
beleidigendes Verhalten durch die
Umwelt, selbst wenn der
Straftatbestand der Beleidigung
erfüllt ist. Eine effektive
Strafverfolgung der Beleidigung gibt
es nur bei Beleidigung im
Straßenverkehr oder wenn
Polizeibeamte beleidigt werden.
Sonst stellt die
Staatsanwaltschaft das Verfahren
ein und verweist auf den
Privatklageweg. Wenn die
Betroffene dann Privatklage zum
Amtsgericht gegen den Täter
erhebt, stellt der Amtsrichter
das Verfahren wegen
Geringfügigkeit ein, oder es kommt zu
einem läppischen Vergleich, der
nichts bringt. Den
mitmenschlichen Bereich muß
frau/mann so hinkriegen, ohne
gerichtliche oder sonstige
rechtliche Hilfe.
3.Es besteht kein Anspruch auf Abschluß einer
Versicherung
(im Zivilrecht besteht der
Grundsatz der Vertragsfreiheit).
Eine Ausnahme gibt es im Bereich
der Krankenversicherung
bei den
Gruppenversicherungsverträgen. Z.B. hat die DKV
einen Gruppenversicherungsvertrag
für Rechtsanwälte
abgeschlossen. In solch einem Fall
ist die private
Krankenversicherung verpflichtet,
alle Mitglieder der
betreffenden Berufsgruppe zu
übernehmen, und darf den
Abschluß der Versicherung nicht
verweigern. Das gleiche gilt
natürlich auch für die Anmietung
einer Wohnung oder einen
neuen Arbeitsplatz. Der Vermieter
bzw. Arbeitgeber hat die
freie Entscheidung, wen er nehmen
oder nicht nehmen will.
Auch der Wirt eines Lokals hat
aufgrund seines Hausrechts
das Recht, jemanden aus dem Lokal
zu weisen oder gar nicht
erst hereinzulassen, auch ohne
daß es dafür einen besonderen
Grund geben müßte. Auch wenn die
Zurückweisung auf
beleidigende Weise geschieht, kann
frau/mann zwar
Strafanzeige wegen Beleidigung
stellen (bringt allerdings nicht
viel, vgl. Punkt 2); es bleibt
aber dabei, daß die/der
Betreffende gegen den Willen des
Wirts den Zutritt zum Lokal
nicht erzwingen kann.