Da ich keines der aufgeführten Bücher gelesen habe (Schande über mein Haupt), würde mich Eure Beurteilung interessieren. Solltet Ihr weitere Literaturhinweise haben, bitte schicken!

Die andere Seite - Nan Goldin
1972-1992, Scalo Verlag, Zürich, Berlin, New York

"Dies ist ein Buch über Schönheit. Und über die Liebe zu meinen Freundinnen. Die Bilder in diesem Buch zeigen keine Menschen, die unter ihrem Geschlecht leiden, sondern Menschen, die ihr Wohlsein ausdrücken, was ihr geschlecht betrifft. Dieses Buch handelt von neuen Möglichkeiten, der Überwindung von Grenzen und von Gelassenheit. Die Menschen auf meinen Fotos sind revolutionär. Sie sind die echten Gewinner im Kampf der Geschlechter, weil sie die Arena des Kampfes ganz einfach verlasssen haben" Nan Goldin


Im falschen Körper (Alles über Transsexualität) - Barbara Kamprad, Waltraud Schiffels
Kreuz Verlag AG, Zürich

Transsexuelle haben das Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein. Sie nehmen schwere Operationen, Spott und Ablehnung in Kauf, um ihr Geschlecht zu wechseln. Dieses fundierte Handbuch, das sich an Betroffene, Angehörige, Freund, Kollegen und Arbeitgeber, aber auch an Ärzte, Therapeuten und Seelsorger richtet, gibt Aufschluß: Was ist transsexualität? Wie wird sie erlebt? Wie und unter welchen Bedingungen wir eine geschlechtsverändernde Behandlung vorgenommen? Wie sieht das Leben dannach aus? Betroffene und Fachleute kommen zu wort.


In search of Eve (Transsexual rites of passage)
Anne Bolin Bergin & Garvey Publishers, New York, Westpoint CT, London

I
in diesem Buch geht es um die soziologische Analyse der Riten des Übergangs bei Transsexuelle in Amerika. Die Autorin, da keine für die Betroffene wichtige Person, erhielt tiefe einblicke in das soziale Verhalten und beschreibt nebenbei die physische und psychische Änderungen die Betroffene erleben.


Olaf Nollmeyer
Die eigene Stimme entfalten
Kösel Verlag
ISBN: 3-466-34390-9
Kostet knapp 30,-DM

Lettin All Hang Out von RuPaul ist eine Autobiographie. RuPaul schreibt sehr direkt und ohne
Umschweife. Es wäre toll, würde man allgemein so offen über Transgender reden können, wie er es tut und immer schon
tat. Den meisten Leuten, egal ob selber TG oder nur als Außenstehender damit konfrontiert, fällt diese Offenheit viel
schwerer bis unmöglich. 

Seine Lebensphilosophie und seine Einstellung können als Vorbild dienen, obwohl es bedeutet, daß man loslassen und
sich komplett dem "Schicksal" ergeben muß. Und genau das ist für viele das Schwerste. Sein Leben zeigt aber, daß man
damit weiter seinem eigenen Ich näher kommt, als mit den von der Gesellschaft vorgegebenen Lebensphilosophien. Wenn
man nicht gerade mit hartnäckiger Blindheit gestraft ist, kann das Buch einem die Augen öffnen. Besonders wenn man
selber noch nicht erkannt hat ein Alien zu sein. 

Wertung: You better dress, Honey. ***** 
Danke Stella


Vested Interests - Cross-Dressing and Cultural Anxiety
von Marjorie Garber.
Routledge, New York and London, 1992

Marjorie Garber ist Professorin für englische Literatur und Direktorin des Center for Literatary and Cultural Studies an der Harvard University. Diese Position ermöglicht zwar den Zugang zu einer Menge Literatur, aber ob das genügt, um über so ein Thema zu schreiben? Möglicherweise ist sie selber Transgender, das wäre eine gute Ausgangsbasis, lässt sich aber nicht feststellen.

Das Buch ist eine Art Sammlung über Transsexualität, Transvestismus etc. in der Geschichte, der Literatur, Filmen und Geschichten, Gerüchten bzw. Begebenheiten aus der Neuzeit. Die einzelnen Themen/Geschichten sind kategorisiert (wohl um sich selber einen ersten Überblick zu verschaffen und diesen dem Leser weiter zu geben), sind theoretisch ausgearbeitet und erörtert (wer von der Praxis keine Ahnung hat, dem bleibt nur mehr die Theorie) und wissenschaftlich kommentiert (Unbetroffenheit x Theorie = Wissenschaftliche These =Nonsens).

Ich glaube nicht, daß ein Außenstehender, der nichts mit Transsexualität/Transvestismus am Hut hat, sich danach ein richtiges Bild von Transgender macht. Er ist eher noch mehr verwirrt als vorher. 
Fazit: Schade um das Geld.
Danke Stella


Das paradoxe Geschlecht
von Gesa Lindemann
Die Autorin hat einige Jahre lang in Berlin in einer Beratungsstelle fuer Transsexuelle gearbeitet, und in ihrem Buch bringt sie viele Original-Auszuege aus Gespraechen mit Betroffenen.

"Transsexuelle werden morgen schon immer das gewesen sein, was sie heute noch nicht sind," ist kurz gefasst die Aussage des Buches. Gesa Lindemann ist Soziologin und beleuchtet auch sehr das Umfeld ihrer GespraechspartnerInnen.

Aber auch die eigene Koerperwahrnehmung vor und nach einer geschlechtsangleichenden Operation steht im Mittelpunkt der Betrachtungen, wobei sich deutlich Unterschiede zwischen FzM und MzF abzeichnen: Bei FzM steht das Operationsergebnis im Vordergrund, wohingegen bei MzF die Operation selbst (als schmerzvolles Erlebnis) eine verweiblichende Wirkung zu haben scheint.
Danke Birgit


Maenner als Frauen -- Frauen als Maenner --
Geschlechtsrollenwechsel bei den Indianern Nordamerikas
von Sabine Lang
Das Buch ist eine soziologische Studie ueber "berdache" bei nordamerikanischen Indianerstaemmen, und es liest sich ziemlich trocken. Eine fuer mich ueberaschende Erkenntnis aus dem Buch ist, dass bei Indiander kein echter Wechsel von einem Geschlecht zum anderen moeglich ist, dafuer aber der gesellschaftlich meist sehr angesehene Status "zwischen den Geschlechter" bzw. "doppelgeschlechtlich" existiert, der in unserer Kultur schlichtweg fehlt.
Danke Birgit
Hamburg; Wayasbah publication: 22
ISBN 3-925682-22-8
Dissertation an der Uni HH 1990


Mythos Geschlechtswandel. Transsexualität und Homosexualität.
Taschenbuch - 384 Seiten (Dezember 1992)
ed. hathor, Hbg.; ISBN: 3928493000

Mann oder Frau - wenn die Geschlechtergrenzen fließend werden - Karin Hertzer
Ariston 1999  ISBN 3-7205-2063-3

Träume in den erwachenden Morgen - Leslie Feinberg
Der Weg einer maskulinen, lesbischen Frau zum Mann.

Die Geschichte von uns - Leslie Feinberg
Transsexuelle quer durch die Geschichte.

Vom Supermann zur Superfrau - Simone-Yvonne von Budzyn
Verlag: Wim Snayder, Paderborn, DM 38,- ISBN 3-930302-70-5

Messer im Traum - Transsexuelle in Deutschland - Holde-Barbara Ulrich und Thomas Karsten
Berichte über die Lebensgeschichten Transsexueller
Konkursbuch Verlag 1994

Frau werden - Waltraud Schiffel
Bericht einer Transsexuellen

Dressing Up - Transvestism and Drag: The History of an Obsession
von Peter Ackroyd.
Thames and Hudson, London 1979

The God of Ecstasy - Sex Roles and the Madness of Dionysos
von Arthur Evans.
St. Martin's Press, New York 1988

Witchcraft and the Gay Counterculture
von Arthur Evans.
Fag Rag Books, 1978.

Vested Interests - Cross-Dressing and Cultural Anxiety
von Marjorie Garber.
Routledge, New York and London, 1992

Living the Spirit von Gay American Indians
St. martin's Press, New York 1988

Nearly Roadkill - Kate Bornstein

My Gender Workbook - Kate Bornstein

Gender Outlaw - Kate Bornstein

The Construction of Homosexuality
von David F. Greenberg.
The University of Chicago Press, Chicago and London, 1988

Gay American History
von Jonathan Katz.
Harper & Row, New York, 1976

The Trial of Joan of Arc
von W.S. Scott, ed.,
Associated Booksellers 1956


Niemals ohne Lippenstift - Patrick McCabe schickt einen Transvestiten auf den Strich 

Artikel von Aygül Cizmecioglu - der Tagesspiegel


Sie trägt rote Stöckelschuhe, die mit ihren Pfennigabsätzen ständig zwischen den Pflastersteinen stecken bleiben. Und dennoch stolziert sie mit der Grazie eines Rehs über die Bürgersteige des Londoner Straßenstrichs. Erst wenn ein Auto stehen bleibt und die Scheinwerfer das Gesicht erhellen merkt man, dass unter der dicken Makeupschicht Bartstoppeln wachsen. Die schwarze Haarpracht ist nur eine Perücke, und die imposanten Brüste bestehen aus zusammengerollten Socken und Taschentüchern. Hinter der bunten Fassade steckt eine tiefe Bassstimme und die traurige Geschichte eines Mannes, der keiner sein will. Patrick "Pussy" Braden heißt er und ist der Protagonist von Patrick McCabes neuestem Roman "Breakfast on Pluto".

Der Transvestit ist der uneheliche Sohn eines Pfarrers und dessen, von ihm vergewaltigter Haushälterin. Im bigotten Irland der fünfziger Jahre wird Patrick bei einer trinkenden Pflegemutter groß, die er liebevoll "Schnurres" nennt. Vor ihren Schlägen flüchtet er sich in Tagträume, die Musik der "Supremes", und aus Patrick wird die knallbunte Pussy auf dem Straßenstrich landet. Nach einem Nervenzusammenbruch schreibt Pussy, in Hauskittel und Kopftuch gehüllt, sein Leben für seinen Psychiater Terence auf. Es entsteht ein kurioses Mischmasch aus Pussys Vorstellungen von einer intakten Familie, Erinnerungen an seine Kindheit zwischen Juke Box und Bomben und Fetzen aus dem Rotlichtmilieus. 
Immer wieder tritt Pussy mit dem Leser in Dialog und vergewissert sich, ob der auch alles versteht, und er entschuldigt sich, wenn seine Ausführungen die Grenze des guten Geschmacks überschreiten. McCabe läßt Pussy mal als Ich-Erzähler fungieren und aus seiner Perspektive die Umgebung schildern. Mal präsentiert er sich als allwissender Erzähler, wenn er mit psychologischem Feinsinnigkeit die Kindheit von Pussys Eltern aufdröselt. Doch auf allen Erzählebenen herrscht eine kindlich-naive Sprache vor. Pussy spricht ohne Punkt und Komma und Rücksicht auf grammatikalische Korrektheit, dabei so direkt und warm, dass man glaubt, neben ihm zu sitzen. Selbst Brutalität wird von ihm verspielt und unbeschwert widergegeben.

Patrick McCabe. Breakfast on Pluto. Roman. Eichborn Verlag. Frankfurt/Main 2000. 208
Seiten, 36 DM.


Ich bin meine eigene Frau
Charlotte von Mahlsdorf

Lothar Berfelde, von allen nur Charlotte von Mahlsdorf genannt, war eine faszinierende Persönlichkeit und ein Zeitzeuge, wie man sie kaum noch trifft. Die Kindheit unter dem tyrannischen Vater, der aus dem zartbesaiteten Jungen "einen Soldaten" machen will, die Jugend im SS-Staat als ganz und gar unheroischer Engel mit blonden Locken, der Endkampf im brennenden Berlin, durch den er mit Damenmantel und Spangenschuhen stolperte, sind ebenso Bestandteil seiner Erinnerungen wie sein Kampf gegen die SED-Kulturbürokratie, die ihm über Jahre sein Museum wegnehmen wollte und ihn zur "unerwünschten Person" machte. "Ich bin meine eigene Frau" ist mehr als das Buch eines schillernden Paradiesvogels, es ist die Lebensgeschichte eines couragierten Außenseiters, eines sanftmütigen und warmherzigen Menschen, der aber zu kämpfen versteht, wenn es um sein Leben als Transvestit geht und um sein Lebenswerk, das Gründerzeitmuseum.


Diane W. Middlebrook: Er war eine Frau / das Doppelleben des Jazzmusikers Billy Tipton
Verlag : Malik Verlag

Es ist gar nicht so außergewöhnlich, man denke an "Yentl" oder "Manche mögen´s heiß", dass sich Frauen die Haare kurz schneiden und fortan nur noch im Anzug zu sehen sind. Doch so konsequent, wie die Jazzmusikerin Dorothy Tipton auch in ihrem Privatleben die männliche Rolle übernahm, immerhin war sie sogar mehrmals verheiratet und hat drei Kinder adoptiert, das ist völlig neu. Dorothy wird im Jahre 1914 in Oklahoma City geboren und als sie neunzehn Jahre alt ist, ihre Familie ist nicht besonders wohlhabend, beschließt sie ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Leidenschaftlich interessiert sie seit der Schulzeit das Theater, ein Klavier kann sie zum Tanzen bringen und beim Saxophon, das weiß sie, spielt man nicht nur irgendein Instrument, sondern auch eine bestimmte Rolle, für die Hosen eine Voraussetzung sind. Die Jobs in den neu gegründeten Bands, die in der neuen Ära des Swing rasant schnell aus dem Boden schießen, sind dünn gesät. "Wäre sie ein Junge gewesen, hätte sie auch in einer Band mitspielen können." Dorothy ergreift ihre Chance und verwandelt sich für den Rest ihres Lebens in den Jazzmusiker und Entertainer Billy Tipton. Bis zu ihrem Tod fällt ihre Verwechslungskomödie niemand auf. Doch es ist nicht so, dass niemand darüber Bescheid gewusst hat. Unterstützt wird sie von ihrer Mutter, die auf den Erfolg ihres "zweiten Sohnes" sehr stolz ist. Billy meidet zur eigenen Sicherheit jahrelang jeden Kontakt zu seiner Familie und den Verwandten. Merkwürdig und schwer vorstellbar bleiben seine drei Ehen, denn nach Billys Tod bestreiten alle Ehefrauen, jemals bemerkt zu haben, dass sie mit einer Frau verheiratet waren. Billy hat seinen Oberkörper bandagiert, ein Unfall in der Kindheit dient ihm hierfür als Ausrede, er trägt regelmäßig ein Suspensorium und die Badezimmertür ist bei ihm immer abgeschlossen. Billy Tipton schafft zwar den Erfolg als Musiker, doch der ganz große Durchbruch bleibt ihm zeitlebens versagt, denn er hätte auch die Gefahr geborgen, enttarnt zu werden. So bleibt er auf dem Höhepunkt seiner Karriere leider wieder ein Opfer seiner Rolle. Diane W. Middlebrook, die für ihre aufsehenerregende Biografie über die Dichterin Anne Sexton preisgekrönt wurde, hat aus der mageren schriftlichen Hinterlassenschaft, es fehlen Tagebücher oder private Aufzeichnungen von Billy Tipton selbst, das sensible Bild eines Musikers gezeichnet, eingebettet in die gesellschaftlichen Verhältnisse Amerikas, die eine junge Frau in die Rolle eines Mannes zwingen können.