ÖVP will § 209-Ersatz verschärfen: Rechtskomitee LAMBDA appelliert an SPÖ
22.03.2007 - 11:16, Rainbow Online
Nach dem Eiertanz um möglicherweise unter Umständen oder vielleicht doch nicht oder nur marginal geänderte Positionen zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lässt die ÖVP nun zu Frühlingsbeginn die Maske fallen. Der Ersatzparagraf für das anti-homosexuelle Sonderstrafgesetz § 209 StGB soll verschärft und zum Verbrechen gemacht werden.

Dies forderte heute die VP-Justizsprecherin Dr. Maria Fekter. Der 2002 nach der Aufhebung des § 209 durch den Verfassungsgerichtshof gegen breite Kritik und massiven Widerstand aus Fachkreisen und der Öffentlichkeit eingeführte § 207b StGB müsse durch Einführung einer Mindeststrafe verschärft werden. Denn: die RichterInnen urteilten zu milde, so die VP-Politikerin.

§ 207b ist derzeit ein Vergehenstatbestand mit einem Strafrahmen bis zu 3 Jahren. Die nächste Stufe (samt Mindeststrafe) wären 6 Monate bis 5 Jahre und damit ein Verbrechenstatbestand.

Österreich wurde in den letzten vier Jahren zehn Mal durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt, weil der seinerzeitige § 209 Homosexuelle diskriminiert und Jugendliche in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt hat. Österreich musste an die 10 Opfer des § 209 insgesamt mehr als EUR 400.000,--Schadenersatz bezahlen; u.a. auch an einen Jugendlichen, weil er, so der EGMR, zwischen seinem 14. und 18. Lebensjahr keine einvernehmlichen Kontakte mit erwachsenen Männern eingehen durfte.

Berger & RKL einig: § 207b ist abzuschaffen

Der § 209-Ersatz, § 207b StGB, war nie sachlich gerechtfertigt und diente nur der Fortsetzung der Diskriminierung des alten § 209 in neuen Kleidern. Er wird seit seiner Einführung 2002 unverhältnismässig häufig gegen homosexuelle Beziehungen eingesetzt; bis zu 80% aller eingeleiteten Gerichtsverfahren betreffen gleichgeschlechtliche Kontakte.

Erst vor zwei Wochen zeigten sich Justizministerin Dr. Maria Berger und eine Delegation des RKL einig in der Notwendigkeit der Rehabilitation der § 209-Opfer (Aufhebung der Urteile und Entschädigung) sowie der Streichung des § 209-Ersatzparagraphen, § 207b StGB. Hinsichtlich § 207b stellte Berger eine Evaluation in Aussicht, inwieweit diese Bestimmung ihrem Anspruch gerecht wird, die sexuelle Selbstbestimmung Jugendlicher zu schützen oder aber inwieweit sie selbst diese Selbstbestimmung gefährdet. Eine solche Evaluation haben die ExpertInnen gefordert, die von der vorigen Bundesregierung zur Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans Kinder- und Jugendrechte (YAP) berufen worden sind.

„Wir sind daher zuversichtlich, dass die Ministerin im Besonderen und die SPÖ im Allgemeinen standhaft bleiben und diesem homophoben und gegen das Selbstbestimmungsrecht Jugendlicher gerichteten Vorstoss des Koalitionspartners nicht nachgeben werden“, sagt der Wiener Rechtsanwalt und Präsident des RKL, Dr. Helmut Graupner.
R.O Linktipp: www.RKLambda.at
43 Zugriffe Redaktion Transgender.at