70 Jahre „Anschluss“: An die Verfolgung Homosexueller erinnern
15.03.2008 - 16:17, Rainbow Online
(rainbow.at) Zur Ideologie der Nazis gehörte auch die Ausmerzung der Homosexualität. Während der NS-Herrschaft verschärfte sich die staatliche Verfolgung. Rund 10.000 bis 15.000 Homosexuelle wurden in Konzentrationslagern gefangen gehalten, wo sie durch einen rosafarbenen Winkel auf ihrer Häftlingskleidung auch als eigene Gruppe gekennzeichnet wurden. Man schätzt, dass 60 Prozent der Rosa-Winkel-Häftlinge ihre KZ-Haft nicht überlebten. Man kann auch davon ausgehen, dass rund zehn Prozent der Häftlinge aus der damaligen „Ostmark“ stammten.

Homosexuelle wurden auch Opfer medizinischer Versuche, nicht zuletzt um sie zu „heilen“. Der dänische SS-Arzt Carl Værnet implantierte im KZ Buchenwald Häftlingen eine von ihm entwickelte „künstliche Drüse“. Diese sollte durch kontinuierliche Abgabe männlicher Hormone an den Organismus die homosexuellen Häftlinge zur Heterosexualität „umstimmen“. Bei Kriegsende wurde Værnet zwar sofort verhaftet, aber später gelang es ihm, sich nach Argentinien abzusetzen, wo er bis zu seinem Tod 1965 unbehelligt leben konnte.

In Dänemark erschien 2002 eine Biografie über den SS-Arzt. Vier Journalisten gelang es, aufgrund umfangreicher Recherchen und anhand zum Teil zuvor nicht zugänglich gewesener Archivmaterialien sowie Interviews mit drei von Værnets Kindern und mit einer überlebenden Versuchsperson eine NS-Biographie auf spannende Weise nachzuzeichnen, die einmal mehr das Prädikat „Banalität des Bösen“ verdient. Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien sicherte sich die Rechte für die deutsche Übersetzung des Buches und gab sie 2004 in ihrer Edition Regenbogen heraus.

Bestellinformation: Das Buch ist nach wie vor zum Preis von € 19,90 lieferbar. Hans Davidsen-Nielsen, Niels Høiby, Niels-Birger Danielsen, Jakob Rubin: „Carl Værnet – Der dänische SS-Arzt im KZ Buchenwald“.Aus dem Dänischen von Kurt Krickler. Mit einem Vorwort von Günter Grau und einem ergänzenden Kapitel über Eugen Steinach von Florian Mildenberger. Edition Regenbogen, Wien 2004. 327 Seiten. € 19,90. ISBN 3-9500507-2-8. Bestellungen – am besten per E-Mail – an: office@hosiwien.at.

HOSI Wien bedauert Verzögerung bei der Errichtung des NS-Mahnmals

„Wir finden es sehr schade, dass sich die Errichtung des am Wiener Morzinplatz geplanten Mahnmals für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus verzögert“, erklärt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Gerade das heurige Gedenkjahr anlässlich des Anschlusses Österreichs an Hitlerdeutschland vor 70 Jahren wäre ein perfekter Anlass gewesen, das Mahnmal zu verwirklichen. Wir appellieren daher an die zuständigen Stellen der Stadt Wien, für eine rasche Umsetzung des Projekts zu sorgen.“

Hinweis: Die Ausstellung „Aus dem Leben – Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938–45“, ein Projekt der HOSI Wien im Rahmen von Europride 2001 am Wiener Heldenplatz, findet sich in einer Online-Version unter: www.ausdemleben.at. (pas)
R.O Linktipp: www.hosiwien.at
30 Zugriffe Redaktion Transgender.at