Wiener Linien: ASG hebt Kündigung eines Homosexuellen auf
15.04.2008 - 07:48, Rainbow Online
(rainbow.at) Bei den Wiener Linien hat das jahrelange Mobbing eines homosexuellen Mitarbeiters zur Erkrankung von diesem und schlussendlich zu seiner Kündigung wegen Dienstunfähigkeit geführt haben. Der Mann litt laut direktionsärztlichem Gutachten an einem depressiven Belastungssyndrom. Das Gericht befand die Kündigung als » nichtig und unwirksam«.

Der 37-jährige Mann war aufgrund seiner Homosexualität am Arbeitsplatz jahrelang gemobbt worden. Dass er in Folge dessen erkrankte, lag laut dem nicht rechtskräftigem Urteil eindeutig im Mitverschulden der Wiener Linien, weshalb die Kündigung sittenwidrig war. Festgestellt wurde ebenfalls, dass die Wiener Linien es verabsäumt haben gegen das Mobbing zeitgerecht »Abhilfemaßnahmen« zu setzen, obwohl die Geschäftsführung und die Magistratsdirektion seit Mitte 2001 von den schwierigen Arbeitsbedingungen des Mannes gewusst hätten, so Richter Andreas Fraundorfer in seinem schriftlichen Urteil.

Die Wiener Linien reagierten nur, indem sie dem Mann nahelegten, sich versetzen zu lassen. Darin sah das Gericht eine »untaugliche« und »krass verspätete« Maßnahme. Als Reaktion auf die Anklage sprachen die Wiener Linien davon, dass »kein Mobbing stattgefunden habe.« »Der Mann habe sich vielmehr durch seine egomanische Persönlichkeit Konflikte mit der Kollegenschaft selbst eingehandelt.«

Fakt ist, dass das WC im Betriebsbahnhof, in dem er hauptsächlich Dienst versah, mit homophoben Parolen beschmiert wurde. Aus den Reifen seines geparkten Pkw wurde immer wieder Luft ausgelassen, das Fahrzeug selbst einmal mit Buttersäure begossen. Der Mann wandte sich schließlich an seine Vorgesetzten und Personalvertreter, die aber laut Vernehmung nur »ungenügend bzw. ablehnend« reagierten. Traurige »Krönung«: Als sich der Straßenbahner pragmatisieren lassen wollte, soll ihn der Dienststellenobmann unter vier Augen wissen haben lassen: »Schwuchteln wie di tun ma net pragmatisieren!«

In dem nicht rechtskräftigen Urteil steht, dass die Wiener Linien den 37-Jährigen »in der demütigenden, seine Persönlichkeitsrechte und seine Menschenwürde verletzenden Weise und überdies gesundheitsschädlichen Arbeitssituation belassen und nach vielen Monaten der Untätigkeit sich darauf beschränkt hätten, die Verantwortung für Abhilfemaßnahmen dem Kläger selbst zuzuschieben.«

Wie die Wiener Grünen in einer heutigen Presseaussendung schreiben, wurde der Mann »laut Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts zu Unrecht gekündigt.« »Dieser Fall zeigt, dass das Wiener Antidiskriminierungsgesetz noch keinesfalls gelebte Realität in den Unternehmungen der Stadt Wien ist«, kommentiert Grün-Gemeinderat Marco Schreuder das heutige Urteil. Er fordert Sofortmaßnahmen: »Die Wiener Linien wären gut beraten, wenn sie sich modernes Diversity-Management aneignen würden und Antidiskriminierung nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern auch als Firmenphilosophie leben. Mit Sensibilisierungsmaßnahmen, klaren Antidiskriminierungsregelungen und Schulungen kann viel erreicht werden«.

Gemeinderätin Ingrid Puller, selbst Straßenbahnfahrerin bei den Wiener Linien, fordert zudem eine Mobbing- und Antidiskriminierungsstelle bei den Wiener Linien: »Mobbing, Demütigungen und Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft, der sexuellen Orientierung, der Religion oder anderen Gründen sind leider keine Seltenheit. Es ist dringend an der Zeit, dass die Wiener Linien in solchen Fällen aktiv helfen, anstatt wegzuschauen oder - wie im konkreten Fall - das Opfer zu kündigen«, so Puller. (cbox)
34 Zugriffe Redaktion Transgender.at