Deutscher Bundestag beschließt Erbschaftssteuerreform
29.11.2008 - 09:39, Rainbow Online
(rainbow.at) Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag die Erbschaftssteuerreform beschlossen, in dem auch die Situation von Homo-Paaren verbessert wird – eine Gleichstellung gab es jedoch auf Druck der Union nicht.

Nach einer heftigen Debatte stimmten 386 Abgeordnete für die Reform, 168 dagegen. Drei Parlamentarier enthielten sich. Jetzt muss der Bundesrat dem Entwurf noch zustimmen. Beratungen beginnen am 5. Dezember.

Auf Druck der SPD hat die Koalition beschlossen, dass der überlebende Lebenspartner im Erbschaftsfall einen Freibetrag von 500.000 Euro erhält. Dieser ist damit gleich hoch wie beim (heterosexuellen) Ehepartner.

Bislang standen Ehe-Leuten 307.000 Euro zu, Eingetragenen Lebenspartnern aber nur 5.200 Euro. Nicht durchsetzen konnten sich die Sozialdemokraten allerdings mit der Forderung, schwule und lesbische Erben vollständig mit heterosexuellen gleichzustellen. Wer viel erbt und die "falsche" sexuelle Orientierung hat, muss daher tiefer in die Tasche greifen: Wer bei Hetero-Paaren über den Freibetrag und das Eigenheim hinaus Werte des verstorbenen Partners übernimmt, muss eine Steuer zwischen sieben und 30 Prozent zahlen; bei Homo-Paaren sind es aber 30 bis 50 Prozent. In der Aussprache bedauerten Politiker der SPD, dass eine Gleichstellung verpasst worden sei.

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands begrüßte den "wichtigen Schritt hin zur Gleichstellung", nannte die fortgeschriebene Ungleichbehandlung aber "unverständlich": "Diese Herabwürdigung von homosexuellen Paaren, die unterhalts- und sozialrechtlich die gleichen Pflichten übernehmen müssen, ist eine gezielte und nicht zu rechtfertigende Diskriminierung", erklärte LSVD-Sprecher Manfred Bruns. "Wir fragen uns: Was geht in den Köpfen von Politikern vor, die solche ‚Restdiskriminierungen‘ für erforderlich halten, die krampfhaft und mit aller Gewalt Unterschiede herstellen wollen, wo keine sind. Das ist reines ideologisches Geplänkel und Diskriminierung pur."

Ein Änderungsantrag der Grünen Deutschlands , der Homo- mit Hetero-Paaren gleichgestellt hätte, ist zuvor von der Großen Koalition abgelehnt worden. "Es ist unglaublich, dass Diskriminierungsbedürfnisse in Reihen der Union noch immer so breit bedient werden", erklärten daraufhin Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck und Vize-Fraktionschefin Christine Scheel in einer Erklärung.

Die Reform wurde notwendig, weil das Deutsche Bundesverfassungsgericht einer Änderung der bisherigen Regelung verlangt hatte. Streit gab es zwischen den Koalitionspartnern insbesondere um die Vererbung von Familienbetrieben und bei selbst bewohntem Wohneigentum. Hier gibt es auch eine Gleichstellung von schwul-lesbischen Paaren: Beim Tod des Partners können Ehepartner und Eingetragene Lebenspartner die eigene Eigentumswohnung oder das Haus unabhängig von dessen Größe und Wert steuerfrei erben.

Die Erbschaftssteuer kommt den Ländern Deutschlands zugute und hat ein Volumen von rund vier Milliarden Euro jährlich. Viele europäische Staaten – etwa Schweden oder wir Österreicher – haben sie bereits abgeschafft. Auch in der deutschen Union gab es Stimmen, die Steuer nicht mehr zu erheben. Die SPD lehnte das aber ebenso wie Grüne und Linke ab und erklärte, eine Streichung sei sozial ungerecht. Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) hatten diese aber unterstützt und argumentiert, dass dadurch automatisch Homo-Paare gleichgestellt worden wären. (dk)
40 Zugriffe Redaktion Transgender.at