"Nein" zum Standesamt: Eingetragene Partnerschaft als "unvollendetes Werk"
23.11.2009 - 15:04, Rainbow Online
(rainbow.at) Auch beim Thema »Eingetragene Partnerschaft« hat sich der Koalitionspartner ÖVP durchgesetzt. Wenn sich gleichgeschlechtliche Paare ab dem 1.1.2010 entschließen ihre Partnerschaft eintragen zu lassen, werden sie dies nicht auf dem Standesamt machen können, wie am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde.

ÖVP-Chef Josef Pröll zeigte sich mit dem »Kompromiss« zufrieden, dass die Partnerschaften nur bei der Bezirkshauptmannschaft beziehungsweise beim Magistrat eingetragen werden können. Für ihn sei diese Lösung ein »gangbarer Kompromiss« und weicht damit von seiner Meinung als Leiter der ÖVP-»Perspektivengruppe« aus dem Jahr 2007 ab, wo Pröll sich noch für eine Eintragung homosexueller Partnerschaften am Standesamt ausgesprochen hatte. Er habe es jetzt zumindest geschafft, dass Thema innerhalb der ÖVP voranzutreiben.

SP-Bundeskanzler Werner Faymann zeigte sich über das Standesamtsverbot für Homo-Partnerschaften nicht ganz zufrieden. Gleichzeitig betonte er aber, dass man »eine Reihe deutlicher Verbesserungen« für die Gleichstellung homosexueller Paare erreicht habe. Er würde sich wünschen, dass die Diskussion um das Standesamt noch nicht zu Ende sei. »Die vielen Beschlüsse von heute sind ein Beleg dafür, dass wir nicht streiten, sondern arbeiten«, sagte Bundeskanzler Werner Faymann beim Pressefoyer nach der Sitzung des Ministerrates am Dienstag.

Die Justizministerin Bandion-Ortner zeigte sich mit dem Kompromiss zufrieden. Letztendlich habe man in vielen Bereichen eine Gleichstellung erreicht. So erhalten homosexuelle Paare etwa pensionsrechtliche Ansprüche. Bandion-Ortner stellte klar, dass es sich bei der Eingetragenen Partnerschaft nicht um eine »Ehe-Light« handle, heterosexuelle Paare sind also von der neuen Regelung ausgeschlossen.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die sich immer für das Standesamt ausgesprochen hatte, sieht den Kompromiss einerseits »mit einem lachenden Auge«, da man sich bei der Gleichstellung Homosexueller nun endlich im europäischen Mittelfeld befinde. »Bisher war Österreich gemeinsam mit Polen und Griechenland Schlusslicht in Europa. Mit dem neuen Gesetz werden wir einen Platz im europäischen Mittelfeld schaffen«, betonte die Ministerin. Enttäuscht ist die Frauenministerin darüber, dass eine Zeremonie am Standesamt nicht möglich sein wird. Die ÖVP sei nicht bereit gewesen, über ihren Schatten zu springen. Letztendlich habe die notwendige Toleranz gefehlt, eine Eintragung am Standesamt zu ermöglichen. »In der Sprache der Musik würde ich sagen - es ist ein unvollendetes Werk«, so Heinisch-Hosek.

Als »grundsätzlich begrüßenswert« bezeichnete SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Einigung auf die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare. »Wir konnten die ÖVP überzeugen, dass wesentliche Benachteiligungen für schwule und lesbische Paare abgeschafft werden, bedauerlicherweise ist die ÖVP aber gesellschaftspolitisch noch nicht so weit, dass neben der rechtlichen auch eine symbolische Gleichstellung erreicht werden kann.« Für ihn als »Optimist« ist der Kompromiss »eine Art halbvolles statt halbleeres Glas«.

Ulrike Lunacek, Vize-Klubobfrau der Grünen, zeigte sich erwartungsgemäß enttäuscht darüber, dass die ÖVP hinter ihren Versprechungen aus der Perspektivengruppe im Herbst 2007 zurückgefallen ist: »Das dort vom jetzigen Parteichef Josef Pröll versprochene Schweizer Modell enthält nämlich sehr wohl die Eintragung inklusive feierlichen Rahmen am Standesamt.« Genau so enttäuschend ist auch, dass ein dezidiertes Verbot der Stiefkindadoption Gesetz werden soll: »Die Familienpartei ÖVP will damit Kindern ihr Recht auf Familie nehmen - das ist skandalös«, so Lunacek.

FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller kritisierte die von der Regierung präsentierte Einigung auf eine Eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle als ersten Schritt in Richtung Homo-Ehe. »Es ist dabei unerheblich, ob diese Partnerschaft am Standesamt oder auf der Bezirkshauptmannschaft eingetragen wird«, so Kitzmüller. Jede Form der staatlichen Zeremonie sei dazu geeignet, die gleichgeschlechtliche Partnerschaft der Ehe ähnlich zu machen. Dass dies das Ziel sei, ergebe sich schon aus dem Kommentar von Frauenministerin Heinisch-Hosek, die von einem »unvollendeten Werk« sprach. Kitzmüller: »Dies ist eine gefährliche Drohung, die schon zeigt, dass gewisse Kreise sich noch immer nicht zufrieden geben wollen. Dabei ist die jetzige Lösung kein unvollendetes, sondern vielmehr ein unnötiges Werk.«

Es sei durchaus gerechtfertigt, homosexuelle Paare in rechtlichen Fragen besser zu behandeln als bisher. Allerdings müsse auch der Umstand gewürdigt werden, dass nur aus Beziehungen von Mann und Frau neues Leben entspringen kann. »Die Ehe muss schon aus diesem Grund auch für den Staat einen besonderen Stellenwert haben, den er auch mit einer besonderen Zeremonie würdigen soll«, fordert Kitzmüller.

HOSI-Wien-Obmann Christian Högl äußerte sich in einer Presseaussendung »grundsätzlich über die Einigung der Koalitionsparteien erleichtert«: »Wir freuen uns sehr, dass die langen Verhandlungen nun noch fristgerecht zu einem Abschluss gebracht wurden und dass das EP-Gesetz mit Jahreswechsel in Kraft treten kann«.

»Die Freude über das neue Gesetz ist allerdings dadurch getrübt, dass die Eintragung nicht am Standesamt erfolgen soll. Auch wenn die umfassende rechtliche Gleichstellung natürlich wichtiger ist, hat die Frage des Ortes und der Form der Eintragung sehr hohe Symbolkraft: Die Verweigerung des Standesamtes wird nicht nur von Lesben und Schwulen als Demütigung und Provokation betrachtet und muss noch einmal überdacht werden«, fordert Högl. Auch den Kampf um Gleichberechtigung bezeichnet Högl als noch nicht abgeschlossen und sieht die Gay-Community Österreichs noch nicht am Ziel angekommen: »Auch dass Adoption und Fortpflanzungsmedizin weiterhin ausgeschlossen bleiben und sogar explizit untersagt werden, schmerzt sehr. Immerhin sorgen mehrere tausend lesbische und schwule Elternpaare in Österreich für in ihrem gemeinsamen Haushalt lebende Kinder, und es ist eine Beschneidung der Rechte der Kinder, die etwa im tragischen Fall des Todes ihrer Co-Mutter keinen Anspruch auf Waisenrente haben«, so Högl abschließend. (cbox/pas)

Alle Dokumente zur Eingetragenen Partnerschaft findest du unter www.soho.or.at/soho/?p=2281
54 Zugriffe Redaktion Transgender.at