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Andrea – die ersten Schritte
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Snapshot für GGB - 01.2008

Lebensbericht einer Transsexuellen:
Was heißt es transsexuell zu sein?
Hier ein kleiner Auszug aus meinem Leben:

Landgericht Tübingen - 11.45 Uhr - Saal 10
Ich bin früher da und verliere mich in den Gängen des alten repräsentativen Gebäudes. Ein wenig komme ich mir vor wie bei der Verfilmung "Transamerica" - allein in den Gängen.
Die Zeit schreitet furchtbar langsam voran - aber dann kam der Oberstaatsanwalt und wir gingen in den Sitzungssaal zur nichtöffentlichen Sitzung. Die Richterin kam mit einer Praktikantin und wir begannen mit dem Verfahren zur „kleinen Lösung“. Anfangs alle recht steif aber nach 10 Minuten hatte ich mich an die Situation gewöhnt. Ich erzählte wie ich lebe, zurecht komme... - die notwendigen Gutachten sagten ja genügend Details über mich aus.
Nach einer halben Stunde meinte nun der Oberstaatsanwalt - er habe keinerlei Einwände und die Richterin sagte "Sie gefallen mir" und hatte keinerlei Bedenken, mir meine Namensumwandlung von Andreas zu Andrea richterlich zu bescheinigen.

Das war nun mein Termin bei Gericht !?!
und das Alles nur wegen mir? – nur weil ich Transsexuell bin? – ich bin doch eigentlich ganz „normal“!

Im Frühjahr 2006 beantrage ich beim zuständigen Landgericht meine Namensänderung von Andreas auf Andrea. Dies ist die offizielle Anerkennung meiner Transsexualität und bedeutet die „kleine Lösung“ vor dem Gesetz. Mit der Namensänderung beginnt nun auch die öffentlich sichtbare Änderung meiner Person. Wir leben auf dem Land, genau gesagt in einem 1250 Seelen Dorf. Hier wurde meine Veränderung natürlich sehr schnell festgestellt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum Tagesgespräch. Ob nun im Nähclub, Bibelkreis, Kindergartenveranstaltungen oder Sportverein – ich war wahrscheinlich überall ein Zeit lang Thema Nr.1. Unterstützung erhielt ich in jeder Lebenslage von meiner Frau, die in den ihr möglichen Kreisen meine Veränderung verteidigte und erklärte. Der absolute Höhepunkt in der Öffentlichkeit waren jedoch anonyme E-Mails mit beschuldigendem Inhalt und der Aufforderung auf den „Rechten Weg“ wieder zurückzukehren. Mit der Zeit sind auch solche Mails in Vergessenheit abgedrängt.

Der Begriff Transsexualität bedeutet, sich in seinem geborenen Geschlecht nicht wohl zu fühlen,
ein sich unbehaglich Fühlen - permanent irgendwie falsch zu sein, mit Blick auf das andere Geschlecht
„warum kann ich nicht einfach so sein?“ einfach ich selbst sein?

Ich war als Mann erfolgreich, selbständig, glücklich verheiratet, wir haben zusammen 2 süße Kinder und bin überall beliebt und anerkannt. Bin ich verrückt diesen Schritt zu tun? Mich/uns an den Rand der Gesellschaft zu drängen? bewusst? – welcher vernünftige Mann steigt freiwillig ab in das soziale Leben einer Frau? – Sozialabstieg vorprogrammiert! So ein Schwachsinn kann auch nur mir einfallen! – genau und diesen Schwachsinn hat meine Seele schon lange entschieden. Ich spürte dass der Mensch doch in drei Teilen funktioniert: – Körper – Geist – Seele. Wenn die nicht mehr zueinander passen wird’s verdammt schwierig.

Zur GGB kam ich, wie es so oft geschieht, durch meine Frau. Sie besuchte vor 15 Jahren diverse Kurse zur Gesundheitsberaterin und wir beide blieben seither der GGB verbunden. Vor zwei Jahren hatte ich das große Vergnügen ein Männerseminar bei Matthias mitzuerleben- auf Drängen meiner Frau hin. Es war eine ganz neue Erfahrung für mich, an den Problemen anderer Männer teilzuhaben. Meine Probleme fühlten sich damit viel kleiner an, als zu vor.

Viele werden sich nun fragen wie ich lebe, wie ist das denn so, solch ein fundamentaler Wechsel seines Lebens?, wie fühlt es sich an?
Ich denke dass eine solch tiefgreifende Veränderung wohl die schwierigste darstellt die ein Mensch, der gesund ist, vollziehen kann. Es ist nicht einfach, es kommen sehr viele Dinge auf einen zu, an die man nicht denkt. Alltägliches wird zu einem Gefühlsgebirge – in welche Umkleide geht man im Fitness Studio? Welche Toilette im Theater....Jahrelang als Mann und nun? Die Türe dazwischen gibt es nicht!
Was tun? Wenn mein Sohn (6 Jahre alt) partout nicht mit auf die „Mädchentoilette“ will und mir einen Vortag hält dass man als Mann dies nicht tut. PAPA!
Aber ich nehme es mit Humor – diese Erlebnisse bereichern, und ich denke immer: welche „normalen“ Menschen haben solche Erlebnisse schon?




2004 2007


Erstmal hat sich wie man unschwer erkennen kann meine Optik verändert, mit diesem veränderten Aussehen hat sich die Wahrnehmung meiner Umwelt geändert. Ich bin anders geworden – freier – authentischer.
Nur, mein geändertes Aussehen bringt die Menschen in meinem Umfeld ganz schön durcheinander, auf einmal ist die schöne „Biopolarität der Geschlechter“ in Frage gestellt. Meine Mutter und Schwiegermutter sind der Auffassung dass sich meine Frau, und ich ja nun ebenso, einen neuen Partner suchen müssten – jede einen Mann. So könnten wir ja nicht weiterleben.
Ja, die Gesellschaft, sie ist so klar strukturiert, dass ein solches Wesen wie ich nun bin, einfach nicht mehr passen möchte. Es gibt doch nur schwarz und weiß – aber auch grau? Oder ist es nur eine Lebens-Phase?, eine Selbstfindungsphase?

Ich werde überall als Frau wahrgenommen, ich selbst fühle mich jedoch nicht als Frau und nicht mehr als Mann. Hört sich schrecklich an, ist es aber nicht, es kommt meinem empfinden aber am nächsten. Ich habe körperliche Elemente eines Mannes und einer Frau. Ich fühle mich als 50% als Mann und 50% als Frau. Und man findet immer Elemente an mir, welche beides sind.
Wir leben noch als Familie zusammen, wobei meine Frau sich leider von mir löste. Nachvollziehbar, aber sehr schwer für mich, da dies durch mein Verhalten ausgelöst wurde. Auch dies nehme ich als Aufgabe für mich an, und auf diese Situation muss ich mein Leben einrichten. Es ist eine Chance und Aufgabe damit klar zu kommen dass meine Traumfrau mich so nicht mehr liebt.

Ein wenig in die Geschichte geschaut:
Das erste geschriebene Epos der Menschheit Gilgamesch, die soziale Lebensweise der Sumerer vor mehr als 4000 Jahren. In den Historien kann man Ausführungen über Transsexuelle und Transvestiten finden. Was mich am meisten erstaunte war, dass vor ca. 4800 Jahren Transvestiten und Transsexuelle von der Gesellschaft im Zweistromland geachtet bzw. respektiert wurden!
Ich frage mich: was ist seit dieser Zeit passiert? Sind wir bzw. ist unsere Gesellschaft denn nun wirklich „fortschrittlicher“ als vor 4800 Jahren? In dieser Beziehung nun wirklich nicht.

Ich möchte hier eine These in den Raum stellen:
Ist es nicht unser aller Lebensaufgabe sich selbst zu finden, sich selbst zu leben und zu erleben. Eins werden mit sich selbst? Bei mir bzw. bei uns Transsexuellen tritt dies nur offen, für jedermann sichtbar, zu tage; aber die Aufgabe ist doch bei allen Menschen dieselbe.
Ich sehe meine Aufgabe, in meiner Transsexualität, meinen Weg zu finden und zu gehen – Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen.
Sollte mir dies in meiner Feinstofflichkeit gelingen, so möchte ich gerne durch meine Erfahrung anderen Menschen helfen, sich selbst zu leben.

Genau wie ich damit begonnen habe, möchte ich alle aufmuntern ihren Weg zu finden und zu gehen, ganz egal wie dieser aussieht. Ich möchte Mut machen, Depressionen und Lebensumstände anzugehen und nicht in der Bewegungslosigkeit zu verharren.
Jetzt zu beginn eines neuen Jahres - loszulaufen - und auch Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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