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Text: Das Coming-out
Wie kann der erste bewusste öffentliche Auftritt als Transvestit sein? Diese Phase ist oft entscheidend um Selbstsicherheit und ungeniertes Auftreten in der Öffentlichkeit als Transvestit nachhaltig umsetzen zu können. Zwei Brennpunkte, die Aktion der Transvestiten und die Reaktion der Umgebung.
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Das Coming-out

Das Coming-out
Die wohl schwierigste Phase für Transvestiten ist das bewusste Heraustreten aus der eigenen Kammer um anschliessend in der Öffentlichkeit als Transvestit zu leben. Eine alles umfassende «Gebrauchsanweisung» kann es nicht geben, da jeder Fall anders gelagert ist und individuell vorgegangen werden muss. Dieser Aufsatz kann vielleicht den einen oder anderen brauchbaren Gedankenanstoss beinhalten, jedoch muss jeder für sich seine Lage beurteilen und entsprechend handeln. Auslöser von Reaktionen ist der Transvestit und er bestimmt weitgehend Gefallen oder Unmut durch seine Handlungsweise.

Meine Wenigkeit ist ein Transvestit, das bedeutet, ich fühle mich als Mann und trage gerne Frauenkleider. In der Freizeit lebe ich seit vielen Jahren die Freiheit, freizügig mit kurzen Miniröcken, Hotpants, Tops, Highheels, Strapsen oder Netzstrumpfhosen frei in der Gegend zu posieren. Der Wunsch nach Geschlechtsumwandlung war nie vorhanden und wird jetzt in meinem Alter auch nicht mehr kommen. Personen die sich im falschen Körper fühlen oder sind, die Transmenschen, haben es natürlich um vieles schwerer, im Vergleich zu Transvestiten. Meine Erfahrungen beziehen sich auf Transvestismus und nur dazu bin ich in der Lage meine Erfahrungen/Erlebnisse weitergeben.

Der Transvestit in der Gesellschaft.
Unter Transvestitismus wird das Tragen der Bekleidung des anderen Geschlechts verstanden, unabhängig von der sexuellen Orientierung. Für Frauen stellt sich das Problem weniger, ob Hosenanzug oder Jupe, da kräht wohl ein Hahn danach. Für die Männergesellschaft tickt die Gesellschaft anders. Es gibt recht viele, die sich gerne wie eine Frau kleiden und schminken, aber damit nicht an die Öffentlichkeit wagen, wegen Repressalien. Da ist die Familie, die Kollegen/in, der Arbeitgeber und weitere, welche, so die Besorgnis, mit einem Mann in Frauenkleider nicht einverstanden sein könnten. Dazu kommt, dass viele Transgender Angst vor dummen Sprüchen haben und fürchten als Sexarbeiter eingestuft zu werden. Die Abkürzung für Transvestit ist bekanntlich Transe oder Transi und diese Namen werden oft mit dem horizontalen Gewerbe in Verbindung gebracht.

Von der Zimmertranse zum Transvestiten.
Kleidervorschriften waren für mich seit meiner Jugend substanzlos. Bei mir gab es kein richtiges Coming-out, ich war keine «Zimmertranse». Nach meiner Meinung nicht zu unterschätzen, mit zuwarten wird es zusehends eher schwieriger sich zu outen. Die Entwicklung zum Transvestiten läuft über eine längere Zeit ab. Erreicht dieser Entwicklungsprozess unter Geheimhaltung ein hohes Niveau, dann diese Person urplötzlich als Transvestit sich der Öffentlichkeit preisgibt, sind Probleme so gut wie sicher vorprogrammiert. Die Menschen aus der näheren Umgebung können nicht folgen und sind überfordert. Der Mensch prägt sich vom Mitmenschen ein Bild ein. Wird dieses Bild, und wenn auch nur äusserlich, plötzlich stark verändert, trifft die eingeprägte Vorstellung nicht mehr zu. Das wirft Fragen auf und im schlimmsten Fall folgt eine Distanzierung, weil er den alten Mitbürger nicht mehr wie gewohnt vorfindet, obwohl er dem gleichen Menschen wie vorher gegenübersteht. Die Gerüchteküche kommt in Schwung und Verwandte und Bekannte werden gefragt, was ist mit dem los? Ja super, genau das was nicht gewollt ist.

Das eigene Können nicht überschätzen.
Dazu kommt, wird von heute auf morgen, urplötzlich ein grandioser Stilwechsel in der Kleidung und auch in der Geste (+Lippenstift, Schminke, Perücke) vorgenommen, ist der «neue» Transvestit ohne Erfahrung im Umgang mit der Öffentlichkeit schnell mal überfordert. Er war ja bis jetzt Einsiedler und keiner Konfrontation ausgesetzt. Bei fehlendem schauspielerischem Talent kann eine «Ho-Ruck-Aktion» gründlich daneben gehen. Ein Beispiel das ich gesehen habe. Ein Mann, so sah es aus, hat sich überwunden als Transvestit den Einkauf zu erledigen. Er war perfekt geschminkt und gekleidet. Im grossen Center, damit hat er wohl nicht gerechnet, war es ihm so peinlich vor all den Leuten, er wäre am liebsten im Erdboden versunken. Auf den Boden starrend ist er in viel zu grossen Schritten durch das Einkaufscenter gestiefelt. Hinter dem Rücken wurde so laut gemauschelt, dass der Betroffene die blöden Kommentare möglicherweise mitbekommen hat. Ich nehme an, er hat sich lange Zeit vorbereitet, in seiner Phantasie sich das ganz anders vorgestellt, auf diesen Tag gefreut, jetzt, bitter enttäuscht. So oft hat er sich vielleicht als Zimmertranse vor dem Spiegel rattenscharf ausstaffiert und Glücksgefühle empfunden, jetzt ein Scherbenhaufen, Depressionen müssen beiseitegeschoben werden.

Lernen aus Erfahrung
Zusammengefasst kann es besser sein, für die ersten «Gehversuche» als Transvestit vorerst kaum sichtbar, nur dezent geschminkt, dazu beispielsweise mit einem Long-Pullover und mit breiten Gurt auf Taillenhöhe auszugehen, gewagter, dazu Leggins mit Stiefeletten. Das ist schon exzentrisch, aber doch noch nicht so auffallend, die Reaktionen bleiben im Rahmen. Dadurch kann der «angehende» Transvestit in einem Lernprozess, der sich über mehrere Jahre hinziehen kann, sein Auftreten und auch die Antworten auf Fragen langsam erlernen. Lernen aus Erfahrung. Herantasten, wie weit darf man gehen, was gefällt und was nicht. Das Auftreten soll natürlich und nicht gekünstelt sein. Wenn ich auswärts gehe, zum Beispiel einkaufen, ist mir überhaupt nicht bewusst, dass ich im Minirock unterwegs bin.

Vom Abnormalen zum Normalen
Wichtig ist nicht nur das eigne Lernen, sondern auch die kontaktierte Gesellschaft muss sich an eine Veränderung gewöhnen können. Das Abnormale zum Normalen wachsen lassen. Die Öffentlichkeit reagiert auf langsame Veränderungen viel weniger aggressiv. Der Mensch kann sich an vieles gewöhnen und sieht dann abnormales für normal an. Da stellt sich die Frage, was ist normal? Mich kennen viele nur in Miniröcken. Gehe ich dann mal mit einer Jeans auf Weg, gibt es Leute die sagen, so gefällst du mir nicht mehr? Ein «Rückbau» wirft also genauso Fragen auf, die Macht der Gewohnheit ist einfach präsent. Daher langsam und unauffällig, dafür stetig, dies birgt viel kleinere Risiken in sich, da dadurch Zeit für Korrekturen gewonnen wird.
Eine schöne Zeit und Zufriedenheit, Bert

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