Userprofil von Johanna-Michaela

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Text: Männlich-Weiblich?
Zur Frage ob Geschlecht nicht nur ein soziales Konstrukt sei ...
Text: Warum so spät?
Wieso manche Transidente ihr CO so lange aufschieben können ..
Text: Zwischen den Geschlechtern?
Ob nicht auch ein Leben in Uneindeutigkeit möglich sei ..
Text: Echt Weiblich?
Was ist wirklich weiblich, was nur Vorstellung?
Text: Wie sicher kann ich sein?
Zur Frage wie man erkennen könne wirklich "eine Frau" zu sein ...
Text: Was ist an einer TS reizvoll?
In einem Erotikforum wurde gefragt was Männer an TS/TV so reizvoll finden
Text: Unklarheiten über "Shemales"
Im selben Forum wurden die üblichen Klischees über Shemales verbreitet
Text: Wie fühlt sich TS an?
Genau das wurde gefragt, nachdem ein etwas vorwitziger Neuzugang erstmal abgewatscht wurde ...
Text: Wie fühlt man sich als Frau ...
Aus der Beantwortung dieser Frage wurde eine kleine Autobiographie
Fotoalbum: Die Wandlung
Die Raupe verpuppt sich
Fotoalbum: 2006 - vor der Hormontherapie
in der Erstarrung
Fotoalbum: Die Hormontherapie
Der Schmetterling schlüpft
Fotoalbum: Ein Jahr Hormone
Die zarten Flügel müssen noch trocknen
Fotoalbum: April 2008
Der Schmetterling fliegt
Fotoalbum: Dezember 2008
Fotoalbum: Januar bis Mai 09
Fotoalbum: Juli 2009
Fotoalbum: Auf der Alster
31.01.2010
Fotoalbum: Gestylt
Gästebuch

Wie fühlt man sich als Frau ...

Hallo,

ich bin neu im Forum, aber sicher für viele hier nicht mehr neu :)

Auch wenn ich jetzt mit dem Thema hinterher trabe, wie eine Weihnachtsfrau (*wenn schon, dann korrekt*) die zu Ostern die Eier bringt ..

... so reizt mich das Thema dennoch, und ich beantworte es immer und immer wieder. Mit jedem Male scheint es mir einfacher und präziser zu werden ... Weil meine Selbstbeobachtung mir die Dinge klarer werden lies, oder weil meine Antwortroutinen ausgefeilter wurden? Wie auch immer ...

Geboren wurde ich selbstverständlich nicht als Mann ... sondern als Baby mit Wasserkopf, angeborener Lues und einem Cocktail von körperlichen Abhängigkeiten. Eigentlich sollte ich geistig und körperlich schwer missgestaltet sein ... aber irgendwie hatte ich wohl ein ganzes Battalion von Schutzengeln hinter mir ...

Die These mit der verringerten Virilisierung des Gehirns durch Stress/Testosteronmangel in der Schwangerschaft scheint bei mir Bestätigung zu finden. Die biographischen Daten stimmen, der Index D2/D4 stimmt ... und die Vorhersagen zur Persönlichkeit, den Neigungen stimmen. Ich selbst würde mich als Cerebral Intersexuell bezeichnen ... nicht Mann, nicht Frau, aber in der Tendenz mehr weiblich ...

Aus dem Baby entwickelte sich ein biologischer Mann. Von den möglichen ungewöhnlichen Gehirnstrukturen abgesehen, scheint an meinem Körper nichts uneindeutiges zu sein. Ich entwickelte mich optisch zu einen Prachtexemplar von Mann. Sehnig, muskulös, kein Fettansatz. Aus meiner heutigen Perspektive würde ich sagen: Lecker Jüngelchen ... aber damals hätte ich beim Blick in den Spiegel kotzen können. Mir war absolut unverständlich was Frauen an mir attraktiv fanden.

Ich selbst liebte Frauen ... ich begehrte sie innigst, hätte sie aufessen können ... Unbewusst war in mir der tiefe Wunsch der Vereinigung, der Verschmelzug ... Einswerdung? Heute verstehe ich mehr als damals ...

Damals hat mein Begehren des weiblichen Geschlechts mir klar gemacht, dass ich ein Mann sein müsse. Frauen mögen doch Männer und keine Frauen? Ja, so naiv war ich ... und ich hatte damals schon eine Aversion gegenüber Traumschlössern. Meine kindlichen Tagträume bewegten sich immer in einem Rahmen, der MÖGLICH gewesen wäre (zumindest aus meiner kindlichen Sicht). Ich hatte keine Peter Pan Fantasien, ich träumte nicht vom Fliegen oder anderen Unmöglichkeiten ... und so dachte ich nie intensiv darüber nach ein Mädchen sein zu wollen. Aber ich verehrte sie ... weil alles an ihnen gut schien .. mir nahe war ... sie wo waren wie ich insgeheim ... oder war ich wie sie? Jedenfalls hatte ich eine ausgeprägte Neigung mich mit weiblichen Vorbildern zu identifizieren. Männliche Vorbilder hatte ich fast keine ... auch keine männlichen Spielkameraden, das hörte im Alter von neun Jahrne auf ... Danach wurde die Kluft zwischen den anderen Jungs und mir immer größer, ohne dass ich begriffen hätte, woran das lag.

So wuchs ich zu einem jungen Mann heran, der Frauen anbetete ... und irgendwie darum kämpfte seinen Platz unter den Männern zu finden. Warum war meine Handhaltung immer so weich, so ... weibisch? Und die Art wie ich meine Beine übereinander schlug ... Ich begegnete dem Echo, dass meine Art auffällig war und ich arbeitete daran so männlich zu wirken, wie die anderen Männer. Damals begannen die Dauerverspannungen im Rücken ..

Mit einundzwanzig Jahren war ich nach Selbstverletzungen zum erstenmal in einer Klinik. Wärend der Maltherapie wurde ich darauf angesprochen, dass mein Jesus sehr weibliche Gesichtszüge habe ... Man fragte mich, ob ich ein Problem mit meiner Sexualität habe ... und natürlich habe ich das abgestritten. Sollte ich erzählen, wie mich das Unglück überkam, als mir in meinem Spiegelbild zum erstenmal bewusst wurde, wie männlich mein Gesicht sich entwickelt hatte? Wie hässlich, abrundtief hässlich ich mir vorkam? Dass ich gerne weichere, weibliche Gesichtszüge gehabt hättek, ohne Bart, einen weicheren, zarteren Körper? Ohne zu wissen warum? Mein inneres Idealgesicht war seit meiner Kindheit ein Mädchengesicht. Verständlich war mir das nicht, natürlich sprach ich mit niemandem darüber - wie ich meine gesammte Kindheit und Jugend in innerer Einsamkeit verbrachte.

Ich erzählte den Psychologen auch nicht von der Faschingsfeier, als meine Adoptivmutter mich mit knapp 14 Jahren als Mädchen verkleidete. Mir ist heute noch nicht klar, was sie damals dazu bewog. Aber ich fühle noch diese Seeligkeit in mir ... eine unerklärliche Seeligkeit, als mich im Spiegel ein Mädchen ansah ... Scham ... und Glück ...

In der Zeit zwischen meinem 21en und 26 Lebensjahr hatte ich eine sehr intensive religiöse Phase. Sie begann mit einem ... ekstatischen spirituellem Erlebnis und entwickelte sich dann weiter. Ich suchte Sinn ... und Geborgenheit. In Gott fand ich meinen Geliebten .. denn vor Gott sind wir weiblich ... Bräute Christi. Meine Vorbilder waren Frauen ... wie immer. Therese von Lisieux, Therese von Avilla ... Dios solo basta! Franziskus von Assisi, ja, aber der war ja auch irgendwie kein Mann ... oder Johannes vom Kreuz ... In der Vereinigung mit Gott war ich Frau, die Frau, die ich in dieser Welt nicht sein durfte ... Ich liebte ... innig, zart, hingebungsvoll ...

Doch meine innere Entwicklung, vor allem mein starker Gerechtigkeitssinn entfremdeten mich der dogmatischen Religion, ich emanzipierte mich ... und begegnete der schwarzen Nacht --- tiefster Sinnlosigkeit.

Mit etwa 26 Jahren unternahm ich den ersten Anlauf in einem Erwachsenkolleg mein Abitur nachzuholen. Dazu zog ich in ein Schülerwohnheim. Schnell freundete ich mich mit meiner Zimmernachbarin an .. und gestand ihr mich innerlich als Frau zu fühlen. Diese tiefe Romantik in mir, diese Sehnsucht nach Zartheit, nach Weichheit .. die ich mir nicht erlauben durfte. Dieses Mädchen war mein inneres Vorbild. Bizzar angesichts der schier unmenschlichen Anstrengungen die von mir als ungelernte Kraft in der Zeitarbeit gefordert wurden. Da musste ich hart sein, schuften, meinen Körper vergessen. Ich lernte Heavy Metall zu lieben ... Tanzte jedes Wochenende zu dieser kraftvollen Musik den verborgenen Schmerz in mir heraus ... Meine Haare wuchsen, aber mein männliches Erscheinungsbild wurde dadurch noch verstärkt ... und wieder war der tröstlichste Gedanke in mir die Vorstellung eines Grabes in der freien Natur, auf einem Hügel, von der Morgensonne beschienen ...

Es brauchte noch weiteres Heranreifen, bis zu meinem 36en Lebensjahr, bis ich begriff, dass ich diesen "perversen" Anteil in mir (angesichts meiner schieren optischen Männlichkeit) annehmen musste, dass ich keine Kraft mehr hatte zu leben, dass nur ein Leben IN mir noch Sinn hatte.

Heute kann ich im Rückblick erkennen, dass da etwas war. Nein, ich bin nicht als Frau geboren worden. Aber schon zu meiner Geburt war etwas in mir angelegt, was leben wollte, was in den mir vorgegebenen Rahmen keinen Lebensraum fand. Eine weibliche Persönlichkeit mit einer verinnerlichten femininen Körperästhetik. In den Jahren vor dem Comming Out träumte ich von einem Dasein als Engel ... weiblich und männlich --- weder weiblich noch männlich, etwas ganz eigenes, unentmischbares. Eine kraftvolle Frau, ein weiblich anmutiger Mann ohne Triebhaftigkeit, klar, rein ... In diesen Jahren lebte ich vor allem in Ideen .. in den Strukturen meiner Gedanken, dem Elfenbeinturm hinter meiner Stirn. Dort fand ich Schutz vor der überwältigenden Unmenschlichkeit dieser Welt ... flache Emotionen, kristalines Gedanken ...

Mit der Hormonbehandlung veränderte sich viel mehr als mein Körperbild. In meiner bildhaften Sprache sagte ich, dass der Gletscher in mir anfing abzutauen ... und es kamen eingefrohrene Artefakte zum Vorschein ... in mir wurde es warm. ... und ich konnte zum erstenmal seit meiner Kindheit wieder die Gefühle andererer nachempfinden - nicht als Idee! - als Emotion! Ich spührte Zuneigung, sie war nicht nur abstrakter Wortlaut, ich spürte sie!! Ich fing an zu lachen ... nicht so ein gepresstes Lachen, verzogene Mundwinkel ... Nein, es begann mit einem Kichern ... und brach aus mir heraus. Und noch etwas kam in mir zum Vorschein: das kleine Kind, das ich nie wirklich sein durfte ... ein Kind ohne ständige Aufmerksamkeit, ohne Angst, unbeschwert, weich, neugierig, ganz selbstverständlich Zuneigung fordernd. Ich spüre die Kinder, denen ich begegne in mir, werde weich, sabbernd vor Zärtlichkeit ...

Keine Ahnung, wie man sich als Frau fühlt ... ich weis nur, wie ich mich fühle. Ich lebe nicht als Frau, weil ich eine Frau bin ... sondern weil mein Inneres, weil mein inneres Körperbild sich unter Frauen am geborgensten fühlt. Ich passe dazu, kann konfliktfrei leben und über alle anderen Definitionen, Abraktionen, Abgrenzungen und Erklärungen mache ich mir keinen Kopf mehr. Es hätte keinen Sinn, denn ich kann nur SO leben, alles andere wäre für mich unmenschlich.

Ob das die Neugierde der Threadstarterin stillen kann?

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