Neulich wurde ich en homme von einem Bekannten gefragt, ob ich denn heute nicht verkleidet sei. "Verkleidet" - wenn ich das schon höre! Nachdem ich ihm darauf hin freundlich aber bestimmt den Kopf gewaschen hatte, setzte ich mich selbst etwas bewusster mit meinem Argwohn gegenüber diesem Wort - "verkleidet" - auseinander. Irgendwie passt es nicht in mein Selbstverständnis, dass ich en femme verkleidet wäre. Zu Fasching verkleidet man sich, für ein Theaterstück verkleidet man sich oder auch einmal einfach so - just for fun - im privaten Kreis. Aber doch nicht, wenn man normal unter der Woche oder am Wochenende fortgeht - egal ob en homme oder en femme. Darüber hinaus habe ich auch gar nicht das Verlangen, eine Maske zu tragen. Dafür stehen mir meine eigenen Wesenszüge viel zu gut zu Gesicht.
Etwas anders verhält es sich beim Fotografieren. Da schimmert bei mir dann aber doch der Spieltrieb durch. Das Bekleiden diverser Rollen, um Atmosphäre zu erzeugen oder die eigenen Grenzen auszuloten, ist oft eine motivierende Herausforderung. Zudem liefert mir diese Art und Weise, Fotos von mir zu machen, eine linkische Ausrede, immer mehr Gewand und Accessoires herbeizukarren. Dabei treibt es mich zu immer extravaganteren Kleidungsstücken, die dann teilweise Wochen, Monate und sogar Jahre darauf warten, endlich einmal zum Einsatz und auf ein Foto zu kommen. Haben sie diese Prozedur überstanden, haben sie für mich dann oft auch schon wieder ausgedient. Denn in der Öffentlichkeit zeige ich mich von einer bedeutend alltagstauglicheren Seite, was das Outfit anbelangt. |